Ramelow: CSU-Kampagne gegen »Linksfront« hilft uns
Thüringer Ministerpräsident: Rote Socken sind »der beste Wahlkämpfer« für die Linken / Wagenknecht knüpft Rot-Rot-Grün an Bedingungen
Berlin. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow sieht die Warnung der CSU vor einer rot-rot-grünen »Linksfront« nach der Bundestagswahl 2017 gelassen. Er geht davon aus, dass sie seiner Linkspartei nutzen und nicht schaden wird. »Der beste Wahlkämpfer, den die Linke und vorher die PDS hatte, war immer die Rote-Socken-Kampagne der Konservativen«, sagte er dem Sender SWR. »Je mehr man vor uns gewarnt hat, desto mehr haben unsere Wählerinnen und Wähler erkannt, dass wir ihr Ankerpunkt sind.« In der heutigen Zeit von der Linksfront zu reden, heiße, alte »Urängste« wieder zu schüren. »Nur ich kann immer nur den Hinweis geben: Der Kalte Krieg ist eigentlich vorbei.« Die CSU brauche zum Start in den Wahlkampf einen Gegner, sagte Ramelow, der früher Wahlkampfmanager der Linken war. »Horst Seehofer ist natürlich prädestiniert, bei jedem Stammtisch noch mal die verbalradikale Keule rauszuholen.«
Die Fraktionsvorsitzende der Linkspartei im Bundestag, Sahra Wagenknecht, hat derweil eine Regierungsbeteiligung im Bund nach der Wahl 2017 an »einen wirklichen Politikwechsel« geknüpft. Die Wähler hätten oft wechselnde Koalitionen erlebt, ohne dass sich für sie etwas verbessert habe, sagte sie am Samstag beim Parteitag der Thüringer Linken in Eisenberg. Wagenknecht strebt mit ihrem Fraktionskollegen Dietmar Bartsch die Spitzenkandidatur bei der Bundestagswahl an. »Wir brauchen einen Ausstieg aus diesem verdammten neoliberalen Politikmodell. Dann machen wir da mit«, rief die gebürtige Jenaerin den Delegierten zu. Ähnlich hatte sich zuvor Bartsch in einem Gastbeitrag für »nd« geäußert.
Allerdings hätten sich SPD und Grüne hierzu noch nicht entschieden, so Wagenknecht. Bleibe es dabei, dann sei der Platz der Linken in der Opposition. Künftig müsse Schluss mit Leiharbeit und Werkverträgen gemacht und Unternehmen stärker zu den Kosten für Altersvorsorge und Krankenversicherung herangezogen werden. Beim gesetzlichen Mindestlohn nannte sie 10 Euro als absolutes Minimum. »Wer der AfD und ähnlichen Parteien Boden abgraben will, der muss eine sozial gerechtere Politik machen«, sagte Wagenknecht.
Linken-Landeschefin Susanne Hennig-Wellsow sprach sich für Rot-Rot-Grün auf Bundesebene aus. Ziel müsse es sein, CDU-Bundeskanzlerin Angela Merkel abzulösen, sagte sie in Eisenberg. Hennig-Wellsow räumte ein, dass es in Deutschland einen Rechtsruck gebe und auch einstige Linke-Wähler ihr Kreuz bei der AfD machten. »Wir dürfen uns von dieser Entwicklung nicht verrückt machen lassen.« Sie verwies auf die Hilfsbereitschaft für Flüchtlinge. »Die Bewegung der Flüchtlingshelfer ist die größte soziale Bewegung, die die Bundesrepublik seit Jahrzehnten gesehen hat.« Als Ziel gab sie vor, dass die Linke 2017 bundesweit den Sprung über die Marke von zehn Prozent schaffen müsse. Henning-Wellsow sprach sich überdies gegen einen Mitgliederentscheid zur Frage der Spitzenkandidatur bei der Linkspartei aus - ein solcher würde die Gräben in der Partei vertiefen, warnte sie. Denn dann drohe eine »wochenlange Schlammschlacht«.
Der frühere SPD- und Linkspartei-Vorsitzende Oskar Lafontaine formulierte derweil in einem Gespräch mit der »Tageszeitung« ebenfalls Bedingungen. »Ohne größere Steuergerechtigkeit und eine deutliche Verbesserung der zerstörten Sozialversicherung geht es nicht. Und dann gibt es bei uns noch einen Punkt, die Beteiligung der Bundeswehr an Interventionskriegen. Da müssen die anderen wissen, dass die mit uns nicht zu machen ist«, sagte der saarländische Fraktionschef.
»SPD und Grüne haben bisher vorwiegend aus taktischen Motiven eine rot-rot-grüne Koalition ins Gespräch gebracht. Die SPD könnte ohne diese Option keinen Kanzlerkandidaten aufstellen. Die Grünen haben ein Interesse, vor der Wahl nicht zu sagen, was sie nach der Wahl machen. Inhaltlich gibt es bei SPD und Grünen kaum Anzeichen für einen Politikwechsel. Es gab bei den bisherigen Gesprächen ein Thema, bei dem Übereinstimmung herrschte, das ist die Bürgerversicherung. Aber auch da müsste man abwarten, ob SPD und Grüne, wenn es den zu erwartenden Druck aus der Wirtschaft gibt, standhaft bleiben.« Agenturen/nd
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