Tränengas und Gummigeschosse gegen HDP-Unterstützer
Polizei treibt in Istanbul Proteste gegen Erdogans Repression auseinander / Demonstranten: »Wir werden nicht schweigen«
Berlin. Mit Tränengas und Wasserwerfern hat die Polizei in Istanbul hunderte Menschen auseinander getrieben, die in der türkischen Metropole gegen die Festnahme linker, kurdischer Politiker demonstrierten. Wie AFP-Reporter berichteten, demonstrierte hunderte Menschen am Samstag vor einer Moschee im Bezirk Sisli im europäischen Teil von Istanbul. Viele betitelten den Staat in Sprechchören als »faschistisch« und riefen »Wir werden nicht schweigen«. Die Polizei griff die Menge mit Tränengas, Wasserwerfern und Gummigeschossen an.
Der Protest der Menge richtete sich gegen die am Freitag erfolgte Festnahme von mehreren Abgeordneten der linkskurdischen Oppositionspartei HDP. Unter den Festgesetzten sind auch die beiden Parteichefs Selahattin Demirtas und Figen Yüksedag. Sie wurden nach ihrem Verhör in Diyarbakir im Südosten der Türkei in Gefängnisse fernab der HDP-Hochburgen gebracht: Demirtas in der Provinz Edirne nahe der Grenze zu Griechenland und Bulgarien, Yüksedag nach Kocaeli östlich von Istanbul. Außer den beiden Parteichefs kamen mehrere weitere HDP-Mitglieder in Haft. Ihnen werden Mitgliedschaft in der PKK und »Terror-Propaganda« angelastet. An den Razzien der türkischen Behörden hatte es massive internationale Kritik gegeben. Außerdem wurden laut mehreren Nachrichtenagenturen am Samstag weitere Funktionäre der HDP festgenommen – unter anderem die Provinz- und Bezirksvorsitzende der Partei in der südöstlichen Region Adana. Reuters spricht von neun weiteren Festnahmen, die kurdische Agentur ANF von »vielen«.
Neun Mitarbeiter der türkischen Oppositionszeitung »Cumhuriyet«, die Anfang der Woche festgenommen worden waren, bleiben ebenfalls in Haft. Ein Gericht in Istanbul ordnete am Samstag an, dass sie bis zu ihrem Prozess in Untersuchungshaft bleiben. Unter den Festgenommenen sind der Chefredakteur des Blattes, Murat Sabuncu, der Karikaturist Musa Kart und der Kolumnist Kadri Gürsel. Die türkische Justiz hatte die Mitarbeiter der Zeitung am Montag festgenommen - auch das war auf internationalen Protest gestoßen. Zwei weitere »Cumhuriyet«-Mitarbeiter kamen frei, nachdem die Vorwürfe gegen sie fallen gelassen wurden. Insgesamt waren 13 »Cumhuriyet«-Mitarbeiter Anfang der Woche festgenommen worden. Die türkische Justiz wirft ihnen Verbindungen zur verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) vor sowie zur Bewegung des im US-Exil lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen, den Ankara für den Putschversuch von Mitte Juli verantwortlich macht. Agenturen/nd
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.