Camp der Hungerstreikenden in München geräumt

Polizei löst Protestaktion Geflüchteter am Sendlinger Tor auf

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 2 Min.

Mit dem Einsatz von starken Polizeikräften wurde am vergangenen Freitagabend in München das Camp von rund 80 hungerstreikenden Flüchtlingen geräumt. Es habe für die Teilnehmer »Gefahr für Leib und Leben« bestanden, so das verantwortliche Kreisverwaltungsreferat. Die Asylsuchenden hatten zuvor in einer Pressekonferenz am Vormittag angekündigt, das Trinken einzustellen. Den Räumungsgrund bezeichneten sie in einer Pressemitteilung vom Sonntag als »konstruiert«: »Wir hatten Ärztinnen am Camp, sowie ein Medizin-Team. Es bestand keine akute Gefahr.«

Das Camp der hungerstreikenden Flüchtlinge in der Münchner Innenstadt am Sendlinger Tor war ein letzter Schritt in einer Folge von letztlich vergeblichen Protestaktionen in den vergangenen Wochen. Dazu gehörte ein erstes Camp am selben Ort im September sowie ein langer Marsch nach Nürnberg zum Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Damit protestieren die Asylsuchenden gegen die Lebensbedingungen in den Lagern, vor allem gegen die erzwungene Untätigkeit. Der am Freitag angekündigte Durststreik war ein letztes Mittel zur Durchsetzung ihrer Forderung nach einem Bleiberecht und ein Ende von Abschiebungen in vermeintlich sichere Herkunftsländer.

Gegen 17.40 begann die Polizei den Bereich um Sendlinger Tor weiträumig abzusperren, Straßenbahnlinien wurden umgeleitet, der Verkehr kam zum Erliegen. Über einen Lautsprecher forderte das Kreisverwaltungsreferat die Camp-Teilnehmer auf, den Platz zu räumen, die Versammlung sei aufgehoben. Die Polizei begründete den Einsatz damit, dass sich die Lage in den vergangenen Stunden deutlich zugespitzt habe. Schon 15 Flüchtlinge, die seit Montag im Hungerstreik waren, hätten im Krankenhaus versorgt werden müssen. Die Teilnehmer seien geschwächt und in den nächsten Tagen und Nächten solle es kalt werden – mit Temperaturen um den Gefrierpunkt. Zudem wollten die Menschen nun auch noch aufs Trinken verzichten.

Nach der dritten Aufforderung begann die Polizei mit der Räumung des Camps, was weitgehend friedlich geschah. Eine Gruppe von Menschen flüchtete sich allerdings auf einen Baum, um dort den Hungerstreik fortzusetzen. Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr holten den letzten Mann am Sonntagmorgen um 4:30 Uhr aus der Baumkrone. Der Großteil der 18 Protestierenden wurde mit einem Feuerwehrkran aus den zwei besetzten Bäumen geholt, dazu seilten sich Spezialkräfte der Polizei aus rund 23 Metern Höhe ab. Wer freiwillig den Baum verließ, konnte nach einer Personalienfeststellung gehen, die anderen wurden festgenommen.

Am Sonntag erklärten die Flüchtlinge nach der Räumung: »Wir möchten uns nicht weiter mit polizeilichen Räumungen und folgenden Gerichtsverfahren kriminalisieren lassen, sondern unsere Kraft nutzen, um wieder auf die Straße zu treten und für bedingungsloses Bleiberecht zu kämpfen.«

- Anzeige -

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.