Nicht mehr Lärm als 
eine Spülmaschine

Kombinierte Solar-Windkraft-Anlage auf Gewobag-Dach in Betrieb

  • Johanna Treblin
  • Lesedauer: 3 Min.

Sie stecken in blauen Kästen und machen so viel Lärm wie eine Spülmaschine: Auf einem Hochhausdach in Spandau stehen seit kurzem zehn Mini-Windräder, eingerahmt von Solarzellen. Die kombinierte Wind-Solarkraftanlage ist die erste dieser Art in Deutschland. Der Strom wird ins Wohnhaus der städtischen Wohnbaugesellschaft Gewobag direkt eingespeist und unter anderem für die Aufzüge und das Licht im Hausflur genutzt. Dadurch sollen die Betriebskosten für die Mieter trotz steigender Energiekosten stabil gehalten werden. Wer will, kann den Hausstrom künftig auch für die eigene Wohnung beziehen.

Die sogenannten Windrails sind ein Modellprojekt. Wenn sich die Anlage bewährt, will die Gewobag mehr davon auf ihre Dächer bauen, zum Beispiel in der Rathausstraße in Mariendorf. Dann müsste der Schweizer Entwickler Anerdgy die Windrails allerdings schneller bauen und günstiger anbieten, so die Geschäftsführer der Gewobag, Jens Goldmund, und der Berliner Stadtwerke, Andreas Irmer. Was die zehn Windrails auf dem Dach im Blasewitzer Ring gekostet haben, »ist zu diesem Zeitpunkt die falsche Frage«, sagt Irmer. Jens Goldmund ergänzt: »Ein Prototyp kostet immer viel Geld.« Die Gewobag sei in Vorleistung gegangen, heißt es, die Klimastiftung Schweiz habe einen Teil der Anlage finanziert und die Investitionskosten sollen nicht auf die Miete umgelegt werden.

Erneuerbare Energie auf Berlins Dächern

Die Wind-Solaranlage passt ins neue Energiekonzept der Hauptstadt. Laut Koalitionsverhandlungen will Rot-Rot-Grün die Energieversorgung komplett auf erneuerbare Energien umstellen und dezentrale Anlagen sowie Mieterstromprojekte fördern. Bis Ende 2018 sollen alle Dachflächen öffentlicher Gebäude darauf überprüft werden, ob sie für Solaranlagen geeignet sind.

Anfang Oktober erhielten die Berliner Stadtwerke bereits von der BIM, die die landeseigenen Immobilien verwaltet, den Zuschlag zur Ausstattung staatlicher Gebäude mit Solartechnik. Bis Ende 2017 sollen die insgesamt 28 Solarkraftwerke stehen.

Die Stadtwerke sollen künftig von den Wasserwerken entkoppelt und mit Eigenkapital von bis zu 150 Millionen Euro ausgestattet werden. Eric Häublein, Sprecher des Berliner Energietisches, hält das für eine angemessene Höhe. »Darunter darf man aber nicht gehen.« Noch steht das Geld allerdings unter Haushaltsvorbehalt. Wofür wie viel Geld ausgegeben werden soll und kann, das diskutierten SPD, Grüne und Linkspartei am Donnerstag. Das Ergebnis stand bis Redaktionsschluss noch nicht fest.
Häublein zeigte sich auch mit den übrigen Beschlüssen im Bereich Energie zufrieden. Das Bekenntnis für eine Rekommunalisierung des Strom- und Gasnetzes sei »ein Schritt in die richtige Richtung«. Da allerdings das Konzessionsverfahren bereits läuft, ist die Vergabe keine politische Entscheidung mehr – das beste Angebot gewinnt. Sollte sich die Politik einmischen und sich gegen Vattenfall entscheiden, könnte der Energiekonzern klagen. Möglich wäre es aber, wie in Hamburg, dass der Senat das Stromnetz direkt von Vattenfall abkauft.

Mit einem Ergebnis der Koalitionsgespräche ist Häublein gar nicht einverstanden: Berlin will erst bis 2030 aus der Steinkohlenutzung aussteigen. »Das ist geradezu rückschrittlich. Damit macht sich der Senat lächerlich.«

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