Gute Koalitionsstimmung an der LINKEN-Basis

Größere Kritik an den bisherigen rot-rot-grünen Verhandlungsergebnissen blieb aus

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Über 200 LINKEN-Mitglieder quetschen sich an diesem Dienstagabend in den Münzenbergsaal des nd-Hauses. Sie wollen bei der ersten Basiskonferenz aus erster Hand erfahren, wie die linke Handschrift im fast fertigen rot-rot-grünen Koalitionsvertrag konkret aussieht. Von der Verhandlerseite der Linkspartei sind fast alle gekommen, nur Harald Wolf und Steffen Zillich mussten im Roten Rathaus bleiben.

»Wir haben allein gestern 17 Stunden lang verhandelt«, sagt der scheidende Landeschef Klaus Lederer. Es gehe »nicht nur um die Überschriften im Koalitionsvertrag, sondern auch um die Perspektive der Umsetzung«. Dann spricht er über die bisher fixierten wichtigsten Punkte. Unter anderem die Wohnungsfrage, Investitionen in öffentliche Infrastruktur, Kitas, das Ende des Personalabbaus und, und, und.

»Wir werden ein 100-Tage-Programm erarbeiten mit ersten Maßnahmen«, kündigt Lederer an. »Es kann eine progressive Reformregierung werden«, sagt er vorsichtig. Er vergisst auch nicht, sich bei Vereinen, Initiativen und Verbänden zu bedanken, »von denen wir inhaltlich sehr, sehr gut mit Stoff versorgt wurden«.

»Genauso erschöpft, wie ich aussehe, bin ich auch«, sagt Carola Bluhm, die den Themenkomplex öffentlicher Dienst und Verwaltung verhandelt hatte. Elke Breitenbach spricht über Soziales, Pascal Meiser über »Gute Arbeit«. Udo Wolf plaudert auch etwas aus dem Nähkästchen der Koalitionsverhandlungen. »Die SPD hat in der öffentlichen Sicherheit ganz, ganz viele Stellen gefordert – aber es sind 1000 Stellen unbesetzt«, sagt der Fraktionschef.

Wie wird es mit der tarifvertragslosen Charité-Tochtergesellschaft CFM weitergehen, oder wie die Entlohnung von Lehrern verbessert wird, will die Basis wissen. Die Antworten fallen oft nicht so konkret aus, wie gewünscht, denn die Finanzen sind zu diesem Zeitpunkt nicht endgültig geklärt.

Vor allem Fragen rund um Flüchtlinge erregen die Gemüter. Die Formulierung, dass Abschiebungen nach Möglichkeit vermieden werden und stattdessen die freiwillige Rückkehr forciert werden solle, stößt auf Unmut. »Lieber das Gesetz brechen, als die Menschen«, fordert eine Anwesende. »Wir können das Aufenthaltsgesetz – so rassistisch und mies es auch ist – nicht ändern, aber die Spielräume auf Länderebene können wir nach Kräften nutzen«, entgegnet die designierte Landesvorsitzende Katina Schubert.

Die für einige Anwesende enttäuschende Antwort wird gefasst angenommen. »Ich bitte darum, dass alle, die in der Flüchtlingshilfe aktiv sind, die neuen Hebel nutzen«, appelliert Schubert. Auch die Ankündigung von Katrin Lompscher, dass sie einen Rückkauf der Bestände der ehemals landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft GSW für »nicht realistisch« halte, sorgte nicht für offensichtliche Bitterkeit, obwohl dies noch kurz vor der Wahl in einem Papier als Debattenziel ausgegeben worden war.

Vielleicht waren die Anwesenden nach fast drei Stunden Vorträgen und Fragen erschöpft. Der bis zu 300 Seiten lange Koalitionsvertrag, der allen Mitgliedern in den nächsten Tagen zugeht, dürfte sicher keine leichte Kost sein. Profund diskutieren können die Mitglieder bei der Basiskonferenz am 24. November. Ausgezählt werden soll der Mitgliederentscheid am 7. Dezember.

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