»Ungleichheit ist die größte Gefahr«
Obama-Rede in Athen
Am Dienstagabend hatten bis zu 5000 Athener mit einer Demonstration gegen die US-amerikanische Politik protestiert. Die Polizei setzte Tränengas und Blendgranaten ein und löste den Zug gewaltsam auf. Am Mittwochmittag konnte Barack Obama unbehelligt eine Demokratie ohne Abstriche beschwören. Dies gelte besonders dann, wenn Wahlergebnisse nicht so ausfallen, wie man es sich wünscht, sagte der scheidende US-Präsident gut eine Woche nach dem Erfolg von Donald Trump.
Demokratie sei zwar nicht perfekt, aber immer noch die beste Staatsform, die wir kennen, so Obama unter tosendem Applaus in Athen, der Wiege der Demokratie. Am frühen Abend wurde er an Bord der »Air Force One« in Berlin erwartet, wo er sich mit Bundeskanzlerin Angela Merkel treffen wollte.
»Die Welt war - insgesamt - nie wohlhabender, besser gebildet, gesünder und weniger gewalttätig als heute, auch wenn das schwer zu glauben ist, wenn wir Nachrichten schauen«, sagte Obama im Kulturzentrum der Stavros-Niarchos-Stiftung. Allein die Demokratie biete auch den Rahmen, die Staatsform noch besser zu machen. Dabei seien vor allem die Bürger gefragt, denn sie seien nicht etwa die Diener, sondern die Vertreter der Demokratie.
Als große Herausforderung nannte Obama die Ungleichheit in der Welt, die nicht zuletzt durch die Globalisierung entstehe. Zwar habe die wirtschaftliche Vernetzung zu mehr Wohlstand, mehr Bildung und weniger Gewalt geführt, »aber es gibt auch enorme Brüche«. Die moderne Kommunikation ermögliche weltweite Information für jedermann. »Ungleichheit wurde früher eher toleriert, sie wird jetzt nicht mehr toleriert, weil jeder, auch in den entlegensten Regionen Afrikas, ein Smartphone hat und sehen kann, wie die Leute in London oder New York leben«, sagte der Präsident. »Ungleichheit ist die größte Gefahr für unsere Demokratien.«
Vielerorts herrsche Unsicherheit und Unbehagen. »So viele Leute auf der ganzen Welt werden manchmal in Versuchung geführt, von Zynismus und davon, sich nicht einzubringen, weil sie glauben, dass Politiker und Regierung sich nicht um sie scheren.« Dem müsse man entschieden entgegentreten, sagte Obama. Die Instrumente dazu gebe es - oft mangele es jedoch am politischen Willen. Die Vorteile der Globalisierung müssten mehr Menschen erreichen, forderte der Präsident.
Immer wieder brandete tosender Beifall auf. Für Begeisterung sorgten in Athen vor allem seine an die Griechen gerichteten Worte. »Denn es war hier vor 25 Jahrhunderten auf den steinigen Hügeln dieser Stadt, dass eine neue Idee entstanden ist: Demokratie.« Er forderte in seiner Ansprache erneut einen Schuldenschnitt für das finanziell gebeutelte Land.
Auch an Hinweisen auf seinen Nachfolger Trump mangelte es nicht. »Der nächste US-Präsident und ich könnten unterschiedlicher nicht sein«, sagte Obama. »Aber wir haben eine Tradition, dass der scheidende Präsident den neuen willkommen heißt, und das habe ich vergangene Woche getan«, betonte er. Die Grundpfeiler der Demokratie und eine offene Debatte müssten aufrechterhalten werden. Agenturen/nd
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