Deutschland will über 12.000 Afghanen abschieben
Bundesregierung plant, faktischen Abschiebestopp aufzuheben / LINKE: Jüngste Anschläg zeigen »auf mörderische Weise«, dass Afghanistan kein sicheres Land ist
Aus Deutschland sollen einem Zeitungsbericht zufolge rund 12.500 abgelehnte Asylbewerber in das Bürgerkriegsland Afghanistan abgeschoben werden. Nach Einschätzung des Bundesinnenministeriums müssen fünf Prozent der hierzulande lebenden fast 247.000 afghanischen Staatsbürger die Bundesrepublik wieder verlassen, wie die »Neue Osnabrücker Zeitung« am Donnerstag meldete. Das gehe aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken hervor. Zur Begründung hieß es, in den großen Zentren Afghanistans sei die Sicherheit garantiert. »Eine Verschlechterung der Sicherheitslage im gesamten Land kann nicht bestätigt werden«, zitierte die Zeitung aus der Antwort des Innenministeriums. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge prüfe jeden Asylantrag individuell und bewerte auch, welche Risiken es für die Antragsteller gebe.
Abschiebungen von Asylbewerbern aus Afghanistan sind umstritten, weil es am Hindukusch immer wieder zu Anschlägen der radikal-islamischen Taliban kommt. So wurden in der vergangenen Woche bei einem Angriff auf das deutsche Konsulat in Masar-i-Scharif sechs Menschen getötet.
Anfang Oktober hatten die EU und Afghanistan ein Rücknahmeabkommen vereinbart, das die Abschiebung abgelehnter Asylbewerber vereinfachen soll. In den vergangenen Jahren hatte es einen faktischen Abschiebestopp für Flüchtlinge aus dem Bürgerkriegsland gegeben.
Dem Zeitungsbericht zufolge wurden in diesem Jahr bislang lediglich 27 abgelehnte afghanische Asylbewerber abgeschoben, 2015 waren es neun. Der Anteil der Afghanen, die Schutzstatus erhielten, sei 2016 im Vergleich zum Vorjahr von 77,6 auf 52,4 Prozent gefallen.
Der Obmann der LINKE im Auswärtigen Ausschuss ders Bundestages, Stefan Liebich, widerspricht der Lesart der Bundesregierung: Die jüngsten Anschläge hätten »auf mörderische Weise deutlich« gemacht, dass Afghanistan, entgegen aller Behauptungen der Bundesregierung, kein sicheres Land sei. »Die LINKE hat den Einsatz der Bundeswehr an Hindukusch von Anfang an scharf kritisiert und fordert weiterhin den unverzüglichen Abzug der deutschen Soldatinnen und Soldaten«, so Liebich. epd/nd
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