Schleppender Prozess gegen Schleuser

In München stehen vier Männer vor Gericht, weil sie Geflüchtete gegen Bezahlung illegal über die Grenze brachten

  • Rudolf Stumberger
  • Lesedauer: 3 Min.

Er schleppt sich hin, der Fortgang des Prozesses gegen vier Männer, die vor dem Münchner Landgericht wegen Schleusertätigkeit seit Oktober angeklagt sind. Die Staatsanwaltschaft wirft ihnen vor, gewerbsmäßig und als organisierte Bande 171 Menschen illegal nach Deutschland und Dänemark gebracht zu haben. Der erste Verhandlungstag verging aufgrund von (abgelehnten) Befangenheitsanträgen gegen die Richter ohne Verlesung der Anklageschrift. Auch am vergangenen Montag beschäftigte sich das Gericht zuerst einmal mit weiteren Befangenheitsanträgen, dann konnten gegen 12.30 Uhr die Angeklagten nicht vorgeführt werden, da die begleitenden Polizeibeamten zum Mittagessen gingen. Außerdem beklagten die Verteidiger, dass ihnen im Gerichtssaal B 166 zu wenig Platz zur Verfügung stünde. Der Prozess ist auf 28 Verhandlungstage terminiert.

Eine der Angeklagten ist Mohamed A. (29), ein Saudi mit syrischem Pass. Den Ermittlern zufolge soll er im September 2014 mit drei weiteren Angeklagten einen organisierten Schleuserring gegründet haben, um »gemeinschaftlich und arbeitsteilig Ausländer« einzuschleusen. Dabei handelte es sich überwiegend um syrische Flüchtlinge, die gegen Geld von Griechenland über Italien und Österreich, Frankreich oder die Schweiz nach Deutschland gebracht wurden. Andere Ziele waren die Niederlande und Dänemark. A. soll vor allem für die Organisation und die Kontaktaufnahme zu interessierten Kunden zuständig gewesen sein, dazu soll A. laut der Anklageschrift mit mehreren Schleuser-Organisationen zusammengearbeitet haben.

Als Schlepper-Zentrale diente Mailand. Hier wurden die Kunden angeworben, für die Weiterfahrt vorbereitet oder Details mit Verwandten geklärt. Die Flüchtlinge wurden per Handy oder persönlich in den sogenannten Aldini-Park in Mailand gelotst, hier warteten die angeheuerten Fahrer – meist aus Osteuropa - mit den angemieteten Autos. Die Fahrer mussten dann den gefährlichsten Teil der Arbeit übernehmen: die Fahrt über die Grenze. Die Fahrer waren es auch, die noch in Mailand - vor Fahrtantritt - eine Anzahlung von 100 Euro pro Kopf einsammelten. In Bonn wurden die Flüchtlinge in Empfang genommen und der ausstehenden Schleuser-Betrag von 300 bis 500 Euro kassiert. Die Fahrt nach Dänemark kostete insgesamt 700 Euro.

Die Anklage geht von verschiedenen »Schleuser-Zellen« aus. Solche Zellen soll es in den Niederlanden, aber auch in Bonn und Hamburg gegeben haben. Allein der Bonner Zelle lastet die Staatsanwaltschaft 50 Taten an. In Bonn beteiligt: Der mutmaßliche Drahtzieher A., sowie die deutschen Staatsbürger Evghenii C. (35) und Ghrib M. (36) sowie der Syrer Mohmad A. (35). Wie das konkret aussah, geht aus »Fallakte 18« hervor. Danach wurde am 7. Januar 2015 um 23.10 Uhr im Grenztunnel Füssen ein Renault Kangoo kontrolliert, in dem sich neben dem Fahrer acht Flüchtlinge befanden. Oft seien die Flüchtlinge, so die Anklageschrift, einer »lebensgefährdenden Behandlung« ausgesetzt gewesen, da die Fahrzeuge überfüllt gewesen seien.

Wie schnell man als Schleuser verurteilt werden kann, zeigt im übrigen der Fall des österreichischen Pfarrers von Kopfing (Bezirk Schärding), Karl Burgstaller. Der 71-Jährige war in der Nacht vom 16. auf den 17. September 2015 auf der Donauuferstraße nach Engelhartszell mit dem Auto unterwegs gewesen, als ihm drei Männer und eine Frau aus Syrien entgegen kamen. Erst fuhr er weiter, dann rührte sich das Gewissen. Der Pfarrer drehte um und nahm die Flüchtlinge in seinem Auto bis zur Grenze mit. Als dort keine Kontrolle zu sehen war »bin ich weitergefahren«, so der Geistliche. In Passau setzte er seine Mitfahrer auf der Marienbrücke ab und wurde daraufhin von der deutschen Bundespolizei aufgehalten und festgenommen. Denn: Wer Flüchtlinge über die Grenze bringt, macht sich der Schleusung schuldig. »Das wusste ich damals nicht«, so der Geistliche. Er bekam eine Geldstrafe von 90 Tagessätzen à 30 Euro. Die Strafe wurde für zwei Jahre unter Vorbehalt gestellt, das heißt: die Geldstrafe wird nur dann wirksam, wenn der Verurteilte sich in dieser Zeit etwas zuschulden kommen lässt.

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