Es brennt in Israel - und schnell ist die Rede von Terror
Nach tagelangen großen Bränden spricht die Feuerwehr vorsichtig von Entspannung / Die politische Debatte hat gerade erst Fahrt aufgenommen
Israel steht gefühlt in Flammen. Es brennt im Norden des Landes, im Westen und im Zentrum - und das seit Tagen. Zehntausende mussten ihre Häuser verlassen. Doch neben dem Kampf mit den Flammen beschäftigt die Behörden vor allem die Frage nach dem Warum. Die Polizei ermittelt auch wegen des Verdachts der Brandstiftung. Der Polizeichef nennt mutmaßliche Täter »nationalistisch motiviert«.
Die Presse spricht von einer »Feuer-Intifada« der Palästinenser, der Ministerpräsident von »Terror«. Er kündigt harte Strafen an. Sofort geht es wieder um den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Doch geht es um Feuer im Kampf gegen Israel – oder werden die Feuer von Israel auch politisch instrumentalisiert?
Die Polizei hat nach eigenen Angaben zwölf Männer festgenommen. Laut Medienberichten soll es sich teilweise um Palästinenser handeln. Eine offizielle Bestätigung gibt es allerdings nicht.
»Leider gibt es keinen Zweifel daran, dass es Fälle von Brandstiftung gegeben hat«, sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Freitag. Auf eine organisierte Brandstiftung wollte er sich allerdings nicht festlegen. Die Region leidet zudem unter einer andauernden Trockenheit. Starke Winde fachen die Brände zusätzlich an.
Bisher hat sich keine radikal-islamische Gruppierung zu einer organisierten Aktion bekannt – oder zur Anstiftung dazu. Selbst die im Gazastreifen herrschende Hamas hat sich nicht offiziell zu den Bränden geäußert. Dabei ist sie bei palästinensischen Anschlägen auf Israelis oft schnell dabei, die Taten für sich zu deklarieren.
Auch ein Vertreter der gemäßigten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) hat die Vorwürfe zurückgewiesen. »Israelische Offizielle versuchen damit, die israelische Öffentlichkeit gegen die Palästinenser aufzuhetzen und nicht mehr«, sagt Wasel Abu Jussef, Mitglied des PLO-Exekutivkomitees.
Der ultra-rechte Erziehungsminister Naftali Bennett sagte laut »Times of Israel«, dass die Feuer nur gelegt worden sein könnten, und zwar von »jemandem, dem dieses Land nicht gehört«. Bennett machte sich bereits in der Vergangenheit für einen weiteren Ausbau der israelischen Siedlungen im Westjordanland stark. »Die Ära eines palästinensischen Staates ist vorbei«, sagte er kürzlich.
Arabische Abgeordnete im israelischen Parlament sprechen von gezielter Hetze gegen Araber und verweisen darauf, dass es auch Feuer in arabischen Orten gegeben habe. Die Feuer wüteten am heftigsten in Haifa, einer Stadt mit einem hohen Anteil an arabischen Israelis. Die Küstenstadt wird oft als Vorzeigeort für ein gutes Miteinander von Juden und Muslimen genannt. Auch im Westjordanland brennt es seit Mittwoch an mehreren Punkten, unter anderem in der Nähe von Ramallah, wo ein Großteil der palästinensischen Verwaltung sitzt.
In sozialen Netzwerken äußern sich Palästinenser sowohl freudig als auch traurig über die Brände. Die einen sehen die Feuer als eine gerechte Strafe Allahs, weil Israel aktuell darüber debattiert, Lautsprecher auf Moscheen zu verbieten. Die Palästinenserführung hat die Pläne massiv kritisiert.
Auf der anderen Seite schreiben Nutzer, dass bei den verheerenden Feuern auch Tausende Olivenbäume verbrennen würden. Diese würden aber nicht nur Israel gehören – sondern seien schon viel mehr Teil des historischen Palästinas gewesen. Der Olivenbaum ist für viele Palästinenser ein Zeichen ihrer tiefen Verbundenheit mit dem Land. dpa/nd
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!