Bautzen: Landrat trifft sich mit NPD-Chef
CDU-Politiker will mit Kreisvorsitzendem der rechtsradikalen Partei über die Probleme in der sächsischen Stadt sprechen / Haftstrafen für Behinderung von Löscharbeiten an Flüchtlingsheim
Zwei Männer, die die Löscharbeiten beim Brand eines unbewohnten Flüchtlingsheims im sächsischen Bautzen gestört haben, sind am Montagnachmittag zu Jugendhaftstrafen verurteilt worden. Das Amtsgericht Bautzen verhängte gegen die beiden 21-Jährigen Freiheitsstrafen von zwei Jahren und sechs Monaten sowie drei Jahren ohne Bewährung. Damit folgte es dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Die jungen Männer wurden wegen Widerstandes gegen Vollstreckungsbeamte, schwerer Körperverletzung, Diebstahls, räuberischer Erpressung und Beleidigung in anderen Fällen verurteilt. Das Großfeuer am 21. Februar 2016 in dem geplanten Asylbewerberheim sorgte bundesweit für Schlagzeilen, auch wegen der Behinderung der Löscharbeiten. Wer den Brand gelegt hat, ist bisher unklar. Sicher ist nur: Die Aufarbeitung der rassistischen Vorfälle in der sächsischen Stadt haben gerade erst begonnen.
Die Lokalpolitik geht dabei eher zweifelhafte Wege: Nach Bautzens Oberbürgermeister Alexander Ahrens (parteilos) hat nun auch Landrat Michael Harig (CDU) angekündigt, mit jenen rechtsradikalen Kräften ein Gespräch zu führen, die an der asylfeindlichen Stimmung in der Stadt und im Landkreis maßgeblichen Anteil tragen. Wie vor einigen Tagen bekannt wurde, stimmte Harig einem Treffen mit dem NPD-Kreisvorsitzenden Marco Wruck zu. Das Gespräch ist für Mitte Dezember geplant.
Harig rechtfertigte gegenüber der »Lausitzer Rundschau« das geplante Treffen und erklärte, er werde in dem Gespräch deutlich machen, dass er das Gedankengut der NPD ablehne. Die Rechtsradikalen jubeln indes, ihnen sei mit dem Termin ein Erfolg gelungen. In einer Ankündigung auf Facebook heißt es, Wruck wolle mit Harig »über die Ausschreitungen im September, über die Forderungen der Demonstranten und über das Fehlverhalten der unbegleiteten minderjährigen Ausländer« sprechen, wozu der NPD-Kreischef »einige Vorschläge und Lösungsansätze« parat habe. Über die Hetzjagd von Rechtsradikalen am 14. September verliert die Partei dagegen kein Wort und versucht stattdessen, die minderjährigen Geflüchteten als das angebliche Problem der Stadt darzustellen. Wruck gilt jedoch als Wortführer jener rechtsradikalen Gruppen, die an den gewalttätigen Ausschreitungen beteiligt waren.
Allerdings wird deutlich, dass unter den Neonazis in der Lausitz bei ihrem weiteren Vorgehen keine Einigkeit herrscht. Als wenige Tagen nach den Ausschreitungen im September die drei rechtsradikalen Gruppen die »Nationale Front Bautzen«, das »rechte kollektiv BZ« und »Die Sachsen Demonstrationen« (DSD) ein Ultimatum an Oberbürgermeister Ahrens verfassten, hieß es damals, im Gegenzug für ein Gespräch würden die Rechten vorerst auf weitere Aufmärsche in der Stadt verzichten.
Doch offenbar wollten sich nicht alle Beteiligten an die Abmachung halten, wie eine Äußerung von Wruck auf Facebook belegen soll. Darin bezeichnet er die DSD als »Spinner«, die versuchen würde, die »ansässigen Initiativen zu spalten«. Anlass war ein angeblich von den Rechtsradikalen angemeldeter Aufmarsch am 18. November durch Bautzen. Ob DSD allerdings überhaupt noch aktiv ist, darf bezweifelt werden: Seit fast zwei Monaten gibt es auf der Website keine neuen Einträge mehr, das Facebookprofil ist gelöscht. Wruck rät vorerst aus strategischen Gründen generell von weiteren Aufmärschen in der Stadt ab. »Klar ist, dass deutschlandweit ausschließlich in Bautzen verhandelt wird! Wir haben etwas erreicht, wovon ganz Deutschland träumt!«
Bei Landrat Harig dürfte NPD-Kader Wruck mit solchen Aussagen auf offene Ohren stoßen. Der hatte das Treffen zwischen Ahrens und den Neonazis mit den Worten verteidigt, darin gäbe es die Möglichkeit »argumentativ aufzuklären« und man könne »ja nur mit denen reden, die noch reden wollen«. Im Fall der Lokalpolitik in Bautzen gilt dies offensichtlich auch immer öfter für Rechtsradikale. mit Agenturen
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