Wahl zwischen Le Pen und Fillon: Pest und Cholera
Ralf Klingsieck über François Hollandes Kandidatur-Verzicht in Frankreich
Dass ein Präsident am Ende seiner Amtszeit von sich aus darauf verzichtet, für eine zweite zu kandidieren, hat es in der Fünften Republik, also seit 1958, noch nie gegeben. Damit war auch nicht zu rechnen. Bis zuletzt schien François Hollande davon überzeugt, dass er eine gute Bilanz vorzuweisen habe und es noch einmal schaffen könnte. Doch die Umfragewerte sind im Keller. Heute würden nur 7,5 Prozent der Franzosen für ihn stimmen, indes 29 Prozent für François Fillon, 23 für Marine Le Pen, 15 für Emmanuel Macron und 12 Prozent für Jean-Luc Mélenchon. Selbst bei der Vorwahl der Sozialisten wäre Hollande wahrscheinlich schon gescheitert.
Diese Blamage wollte er sich ersparen und sich erhobenen Hauptes aus der Politik zurückziehen. Doch für Frankreichs Linke ändert sein Verzicht nicht viel. Er hinterlässt sie rettungslos zersplittert und ohne die geringste Chance, in der zweiten und entscheidenden Runde der Präsidentschaftswahl 2017 mitmischen zu können. Dort werden sich der erzkonservative Rechte François Fillon und die Rechtsextreme Marine Le Pen gegenüberstehen. Für die links wählenden Französinnen und Franzosen ist das wie eine Wahl zwischen Pest und Cholera. Sich wie schon einmal 2002, als Jacques Chirac in der Stichwahl gegen Jean-Marie Le Pen antrat, für das kleinere Übel entscheiden zu müssen, um dem Rechtsextremen den Weg zu verlegen, dürfte diesmal ungleich schwerer fallen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.