Mehr Schienen für die Stadt

Vor allem neue Straßenbahnstrecken sollen den öffentlichen Nahverkehr verbessern

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Mit 190 Kilometer Straßenbahnstrecken hat die Hauptstadt eines der längsten Netze der Welt. Nach dem Willen von SPD, Linkspartei und Grünen sollen in den nächsten Jahren ordentlich Gleiskilometer dazukommen. Spätestens bis 2021 in Betrieb gehen sollen die bereits in der Planung befindlichen Verlängerungen vom Hauptbahnhof zur Turmstraße, der Ringschluss zwischen dem Bahnhof Schöneweide und der Wissenschaftsstadt Adlershof sowie die Verlegung der Linie 21 von der Boxhagener Straße an den Knotenpunkt Ostkreuz.

Gas geben wollen die Koalitionäre bei der Planung neuer Strecken. Fünf Verbindungen mit 23 Kilometer Länge soll spätestens 2021 Baustart sein. Ab 2019 sollen jährlich 60 Millionen Euro für den Bau zur Verfügung stehen, von denen Berlin wegen Bundes- und EU-Zuschüssen nur einen Teil selbst aufbringen muss.

Mehr Bahnen und billigere Tickets
  • Bis 2021 soll der Bau von fünf neuen Straßenbahnstrecken beginnen. Es sind die Verbindungen Alexanderplatz-Steglitz, Turmstraße-Mierendorffplatz, Warschauer Straße-Hermannplatz, Heinersdorf-Blankenburg sowie eine Tangente von Pankow über Heinersdorf nach Weißensee.
  • Bis 2026 sollen 33 weitere Kilometer neue Tramlinien baureif sein, unter anderem auf der Sonnenallee, der Wollankstraße und von Johannisthal in die Gropiusstadt.
  • Der Preis des Sozialtickets soll »zeitnah« von momentan 36 Euro auf den im ALG II vorgesehenen Satz von 25,45 Euro sinken. Die schon geplante Tariferhöhung zum Jahreswechsel wird kommen. Dann werden die Fahrpreise eingefroren, bis eine Kommission der drei Koalitionspartner ein neues Tarifmodell erarbeitet hat. Angedacht sind sinkende Preise. nic

»Fast noch wichtiger als die einzelnen Projekte ist, dass ein Zielnetz für die Straßenbahn entwickelt werden soll«, sagt Jens Wieseke, Sprecher des Fahrgastverbands IGEB. Er begrüßt auch, dass kein U-Bahn-Ausbau vorgesehen ist. Angesichts der rund zehn Mal so hohen Baukosten gegenüber Straßenbahnen und der langen Bauzeiten wäre kein schneller Beitrag zur Lösung der Verkehrsprobleme zu erwarten.

Bei der U-Bahn müsste die Kapazität der bestehenden Strecken steigen. »Ein Zwei- oder Zweieinhalb-Minuten-Takt, wie es ihn in den 80er Jahren im Osten und Westen gab, wäre dringend nötig«, sagt Wieseke. Dafür sind neue Züge nötig. Die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben schon jetzt die Genehmigung für bis zu 3,1 Milliarden Euro neues Wagenmaterial zu beschaffen, doch noch gibt es keine Ausschreibung.

Wenn alles reibungslos läuft könnten die ersten Serienzüge vor Ende der Legislaturperiode im Untergrund rollen. Was bedeutet, dass angesichts stark steigende Fahrgastzahlen das Gedränge in den Zügen in den kommenden Jahren eher noch zunehmen wird. »Man wird das bis dahin etwas mit den bereits bestellten Zügen für das Kleinprofil der Linien U 1 bis U 4 etwas auffangen können«, sagt Wieseke. Mit Ausgleichsprofilen sollen sie für einige Jahre auf der U 5 fahren.

Bei der S-Bahn setzt Rot-Rot-Grün nicht nur auf mehr Züge, auch die Infrastruktur soll verbessert werden, um einen stabileren und dichteren Betrieb zu ermöglichen. Die Strecken nach Bernau, Blankenfelde, Tegel und Griebnitzsee sollen zweigleisig ausgebaut werden. Mit Brandenburg möchte man sich auf den Bau einer Express-S-Bahn von Spandau bis nach Nauen einsetzen, um den Anteil von Autopendlern aus dem Havelland deutlich zu reduzieren. Außerdem soll die neue S 21 vom Hauptbahnhof Richtung Süden weiter gebaut werden.

Sehr bald sollen Busse und Straßenbahnen zügiger vorankommen. Alle Vorrangschaltungen an Ampeln, die zum Teil seit Jahren deaktiviert sind, sollen wieder in Betrieb gesetzt werden. Zusammen mit neuen Busspuren soll der Verkehr schneller und zuverlässiger werden – und die BVG jährlich Betriebskosten in Millionenhöhe sparen.

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