Am Zaun ist für Wanderer Schluss
Die Rettung der thüringischen Rothenburg und ihr Preis
Weit ins Land blickt man von der Burgruine Rothenburg im thüringischen Kyffhäuserkreis. Doch ist der Wanderweg an der malerischen Ruine seit Jahren gesperrt. Das bedauern viele. Im zuständigen Landratsamt sieht man das eher pragmatisch, hat der neue Besitzer doch viel für die Erhaltung des Anwesens getan und tut es weiterhin.
Die Burg, die etwa um 1100 entstand, hat eine wechselvolle Geschichte. Ursprünglich diente die Anlage der Kontrolle der Salzstraße, die von Bad Frankenhausen über den Kyffhäuser nach Kelbra führte. Im vorigen Jahrhundert wurde das Gelände von den Nazis genutzt, später von der NVA als Erholungsheim und nach 1989 von der Bundeswehr.
Es folgten wechselnde private Besitzer. Was konstant blieb, waren Verfall und Vandalismus an der frei zugänglichen Burgruine, auch wenn in den 1990er Jahren mit staatlich geförderten Arbeitsbeschäftigungsmaßnahmen einiges gesichert und saniert wurde. Sören Hauskeller, Bauamtsleiter im zuständigen Kyffhäuserkreis: »Es ist unglaublich, was Menschen für mutwillige und sinnlose Zerstörungen anrichten können.« Insofern war man in der Behörde froh, als mit Marcel Hofsaess ein Käufer kam, der auch investierte. Der Geschäftsführer der Firma Thermik Gerätebau mit Sitz in Sondershausen sanierte das Gästehaus, das sich auch auf dem Gelände befindet, aber nicht unter Denkmalsschutz steht und nutzt es privat. Hofsaess wollte sich auf Anfrage zur Situation nicht äußern: »Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass ich als Privatperson nie Interviews gebe.« Die eigentliche Burgruine aus rotem Sandstein - erhalten sind unter anderem Teile der Burgkapelle und des Bergfrieds - steht unter Denkmalschutz. Sören Hauskeller vom Landratsamt: »Hier hat der Besitzer in Abstimmung mit unserer Behörde Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen durchführen lassen.« Eine Zugänglichkeit zumindest zu bestimmten Terminen wie dem Tag des Denkmals wurde zwischen beiden Seiten vereinbart, aber unverbindlich. Die Burgruine Rothenburg liegt angrenzend an das Naturschutzgebiet »Rothenburg«, dort gibt es sogenannte Pflege- und bewirtschaftungsfreie Zonen. Dazu Jürgen Pusch, Leiter des Sachgebiets Naturschutz und Jagd im Landratsamt: »Das Naturschutzgebiet ›Rothenburg‹ ist etwa 400 Hektar groß und erstreckt sich von der Rothenburg bis zum Kyffhäuserdenkmal. Die eigentliche Burgruine Rothenburg liegt allerdings nicht in dieser Pflege- und bewirtschaftungsfreien Zone.« Die Ruine befände sich im »normalen« Naturschutzgebiet, denkmalpflegerische Maßnahmen seien hier möglich.
Als der aus Pforzheim stammende Marcel Hofsaess 2010 das Objekt erwarb, ließ er den Wanderweg, der über das Burggelände und damit über sein Privatgrundstück führte, sperren. Der Hauptwanderweg zwischen Wernigerode und Eisenach ist damit unterbrochen. Das empört manche Wanderer, die einen fast drei Kilometer langen Umweg machen müssen. Auch die Burgruine selbst, von deren Aussichtsterrasse unterhalb des 1906 errichteten Bismarckturms man einen herrlichen Blick bis zur Talsperre Kelbra hat, ist der Öffentlichkeit entzogen. Aus Sicht des Landratsamtes ist das aber das kleinere Übel, wurde doch gleichzeitig der Verfall des Objektes gestoppt.
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