Ihr Revier, det is hier

Im Heimathafen packen »Die Rixdorfer Perlen« aus

  • Lucía Tirado
  • Lesedauer: 3 Min.

Na erst einmal packen sie ein, die Perlen. Nach gefühlten 10 000 urlaubsfreien Jahren wollen sie endlich Betriebsferien machen und sich an den Strand packen. Eine Insel, die aus Vulkaneruptionen entstanden sei, entspräche genau ihrem Naturell, meint Barfrau Marianne. Urlaubsvertretung für die Abwesenheit von ihrer Neuköllner Kneipe »Zum Feuchten Eck« an der Sonnenallee ist organisiert und angewiesen, »Blauen Würger« im Kühlschrank stets vorrätig zu haben. Zumachen könne man nicht. Der Ort sei schließlich so eine Art Kiezwohnzimmer, ruhmreich verteidigt gegen das Spekulanteninteresse des fiesen Immobilienmaklers Klauke aus Lichterfelde West.

Doch es wird nix aus dem Urlaub, für den man beim Nacktbaden keine Bikinifigur braucht. Wie stets müssen sie sich in »Die Rixdorfer Perlen packen aus« um etwas kümmern, das ohne sie nicht läuft bei den vielen Härtefällen in ihrem Umfeld. Sie kennen sich aus mit »ausjebrannten Seelen«. Um zu deren Rettung ordentlich Kraft zu tanken, schenken sie sich unablässig ein. Durst ist schlimmer als Heimweh. »Runter mit dem Zeug!«

Das kennt und liebt man an den Perlen im Heimathafen Neukölln seit 2009, als Britta Steffenhagen, Inka Löwendorf und Johanna Morsch als Barfrau Marianne, Amüsierdame Jule und Putzfee Miezeken erstmals mit rotzfrecher Revue diese Bühne eroberten und damit die Herzen des Publikums. Unerschrocken frech bis in die Politik sind sie seither unter Julia von Schackys Regie. Trump, AfD und andere bekommen ihre Trinksprüche ab, vegane Männer und andere merkwürdige Entsager ihr Fett weg. Schon in der ersten Revue wurden Soja-Latte saugende Mannsbilder mit Spott überschüttet.

Nichts aber hält die Damen davon ab, glaubhaft »Die Männer sind schon die Liebe wert« zu singen. Und für »Last Christmas« räumen sie dem österreichischen Dialekt von Alexander Ebeert - Paketbote in geheimnisvoller Mission - ein Solo ein. Wie immer begleitet Felix Raffel alles musikalisch am Kneipenklavier. So bringen die Perlen nun ihre Weihnachtsedition - in der Ausstattung von Ran Chai Bar-Zvi, mit schönem Licht durch Tobias Pehla und Manuel Schusch - wie gewohnt zum Erfolg. Alle Achtung. Denn alle drei Schauspielerinnen haben vor kurzem ihr zweites Kind zur Welt gebracht und bekommen die amüsante Show nebenbei auf die Reihe.

Starke Frauen sind jedoch nichts Neues in Neukölln. Zehn davon übernahmen 2009 den Saalbau Neukölln zunächst für fünf Jahre als Kultur GmbH vom Bezirk, um hier den Heimathafen zu gründen und letztlich dauerhaft zu ankern. Das ersparte dem Bezirk nicht nur die Pacht für das Gebäude, sondern brachte auch Volkstheater im besten Sinne und zeitgenössische Dramatik zu Heimatgefühl und Heimatsuche, Konzerte, Lesungen und mehr. Die Perlen bringen es auf den Punkt: »Mein Revier, det is hier, Neukölln, ick liebe dir!«

Das mit Können und Herz auf die Beine gestellte Programm ist schon mit dem Theaterpreis des Bundes ausgezeichnet.

Nächste Vorstellungen: 14., 17.12., Heimathafen, Karl-Marx-Str. 141, Neukölln, Tel.: (030) 56 82 13 33

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