Schluss mit dem Ping-Pong um die Kurilen
Russland und Japan brauchen für die Lösung der territorialen Probleme und einen Friedensvertrag noch Zeit
Am Ende müsse verstanden werden, dass »die fundamentalen Interessen sowohl Japans als auch Russlands eine abschließende langfristige Regelung erforderten«, sagte Präsident Putin zum Südkurilen-Problem laut russischen Agenturen auf der Pressekonferenz zum Abschluss der Japan-Visite des Kremlchefs.
Während seines zweitägigen Staatsbesuchs in Japan hatte der russische Präsident mit seinem Gastgeber, dem japanischen Regierungschef Shinzo Abe, im Territorialstreit um die Kurilen-Inseln keine Einigung erzielt. Beide Politiker erörterten das Thema bei Gesprächen in Abes Heimatstadt Nagato und später in Tokio. Dort sagte Putin am Freitag bei einer Pressekonferenz: »Es wäre naiv zu glauben, dass wir dieses Problem in einer Stunde lösen können.« Es sei allerdings zweifellos notwendig, eine Lösung herbeizuführen.
Abe stimmte zu und ergänzte, dass die Bemühungen weitergingen. Bis zur Unterzeichnung eines Friedensvertrags sei es noch ein »schwieriger Weg«. Die Beziehungen zwischen den beiden Ländern sind seit Jahrzehnten durch den Streit um die Hoheit über die vier südlichsten Kurilen-Inseln belastet, die nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs an die Sowjetunion fielen. Die Regierung in Tokio erhebt Anspruch auf die Inselgruppe, Moskau weist das zurück.
Wegen der Territorialstreitigkeiten haben Moskau und Tokio nie einen formalen Friedensvertrag unterzeichnet. Die Kurilen liegen zwischen der russischen Halbinsel Kamtschatka und der japanischen Insel Hokkaido im Pazifik. Japan und Russland wollen jetzt Gespräche über eine wirtschaftliche Kooperation in dem umstrittenen Gebiet aufnehmen. Darauf einigten sich Putin und Abe zum Abschluss ihrer Gespräche.
Die von beiden Ländern angestrebte wirtschaftliche Zusammenarbeit werde helfen, Vertrauen zwischen beiden Staaten zu stärken und werde die Verhandlungen beschleunigen, betonte Putin in Tokio.
Beide Seiten sprachen in einer gemeinsamen Erklärung von einem möglichen »wichtigen Schritt« hin zu einem Friedensvertrag. Abe, der auf Fortschritte in dem jahrzehntelangen Inselstreit dringt, hatte Putin eingeladen, obgleich Japan und andere G7-Staaten Sanktionen gegen Russland wegen der Sezession der Krim 2014 verhängt haben. Für Putin war es seither der erste offizielle Besuch eines G7-Landes.
Ob es tatsächlich zu gemeinsamen wirtschaftlichen Aktivitäten auf den vier Inseln kommt, gilt wegen der Hoheitsfrage als nicht sicher. Während Russland möchte, dass eine Kooperation nach russischem Gesetz erfolgt, will Japan sichergehen, dass eine wirtschaftliche Zusammenarbeit nicht als Anerkennung der russischen Position verstanden wird. Zum Abschluss des Treffens zwischen Abe und Putin unterzeichneten beide Staaten Abkommen in den Bereichen Wirtschaft, Kultur, Wissenschaft und Sport.
Russland ist sehr an japanischen Investitionen interessiert. Japan hofft, dass gemeinsame Wirtschaftsprojekte dazu beitragen, den Insel-Konflikt eines Tages beizulegen. Am Vortag hatten Abe und Putin über die Möglichkeit freier Besuche der früheren japanischen Bewohner der Inseln gesprochen. Agenturen/nd
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