Werbung

Nur ein Bruchteil der Geflüchteten findet Arbeit

Innerhalb eines Jahres fanden erst 34.000 Asylsuchende Jobs im ersten Arbeitsmarkt

  • Lesedauer: 3 Min.

Berlin. Die Integration der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt kommt bislang nur in kleinen Schritten voran. Von Hunderttausenden Zuwanderern aus Syrien, dem Irak und anderen Ländern haben bisher einige zehntausend einen Job. Positiv fällt die Bilanz laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) für mehr als 50.000 Menschen mit deutschen Pass aus, die Arbeit durch den Flüchtlingszuzug haben. Der Beamtenbund dbb fordert Zehntausende weitere Stellen im öffentlichen Dienst für die Integration.

Die Mehrheit der Flüchtlinge werde nicht in ein oder zwei Jahren in Arbeit sein, zeigte sich IAB-Direktor Joachim Möller am Montag gegenüber der Deutschen Presse-Agentur in Berlin besorgt. »Wenn wir es geschafft haben, nach fünf Jahren 50 Prozent in Lohn und Brot zu bekommen, ist das sicherlich ein Erfolg.« Investiert werden müsse in Integration.

Von Dezember 2015 bis November 2016 schafften 34.000 Geflüchtete aus den acht wichtigsten nichteuropäischen Asylherkunftsländern den Schritt in den ersten Arbeitsmarkt. »Das sind unter anderem Syrien, Irak, Afghanistan, Nigeria, Eritrea und Nigeria«, sagte Möller. 57 Prozent davon seien in der Leiharbeit, anderen wirtschaftsnahen Dienstleistungen und im Gastgewerbe. 406.000 arbeitssuchende Flüchtlinge sind bei den Arbeitsagenturen und Jobcentern registriert, 160.000 davon als arbeitslos erfasst.

2015 und in den ersten elf Monaten 2016 beantragten laut Bundesinnenministerium knapp 1,2 Millionen Menschen hierzulande formell Asyl.

Im Ein-Euro-Job-Programm für Flüchtlinge gibt es rund vier Monate nach dem Start noch weit weniger solche Arbeitsgelegenheiten als insgesamt geplant. »Nach ersten Zahlen entstanden bisher rund 5000«, sagte Möller. Das von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) initiierte Programm startete am 1. August und soll 100.000 öffentlich geförderte Jobs für Flüchtlinge schaffen.

Durch die Flüchtlingsmigration entstanden auch Arbeitsplätze. »Wir rechnen mit einer Größenordnung im mittleren fünfstelligen Bereich, mit etwa 50.000 oder 60.000«, sagte Möller. »Beschäftigungszuwachs gab es etwa im Bau, bei außerschulischen Lehrtätigkeiten und Sprachlehrern, Wachleuten, Sozialarbeitern und in der öffentlichen Verwaltung.« Etwa Sprachlehrer, Sozialarbeiter, -pädagogen und Erzieher könne das Land angesichts künftiger Migration auch weiter gut gebrauchen.

Der Beamtenbund dbb forderte Zehntausende weitere zusätzliche Stellen. Beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge habe es bereits rund 5000 und bei der Bundespolizei etwa 2000 zusätzliche Stellen gegeben. »Doch bei den Kommunen, etwa im Erziehungsdienst, in den Schulen, bei der Justiz und den Landespolizeien klaffen noch immer große Lücken«, sagte der dbb-Vorsitzende Klaus Dauderstädt der Deutschen Presse-Agentur. »Insgesamt schätzen wir den dadurch entstehenden zusätzlichen Personalbedarf auf rund 30.000 Stellen.«

Dauderstädt betonte: »Die Arbeit im öffentlichen Dienst ändert sich.« Ohne interkulturelle Kompetenz gehe es heute schon an vielen Stellen nicht mehr. Oft bräuchten die Mitarbeiter auch mehr Fremdsprachen. »Das ist ein längerfristiger Wandel, der auch angesichts künftiger Migration nicht aufhören wird.«

Für eine Bilanz über die Auswirkungen der Flüchtlinge auf die Wirtschaft ist es laut Möller zu früh. »Es wird vermutlich keine Überschussrechnung sein. Aber Vielfalt kann auch produktiv sein.« dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -