Bremen: Ein Bauloch für die Ewigkeit
Wird das riesige »City Gate« im Zentrum je fertiggestellt?
Gegenüber dem Bremer Hauptbahnhof wurde ein gigantisches Bauprojekt in Angriff genommen, doch immer wieder kommt es zu Komplikationen - und das mitten in der Innenstadt. Doch wird das Ganze mittlerweile von den Bremern mit Gelassenheit betrachtet. Selbst die Initiative, welche die im vergangenen Sommer gestartete Baumaßnahme auf dem Bahnhofsvorplatz vehement zu verhindern versuchte, scheint verstummt.
Es handelt sich um einen - nicht gerade bescheiden - als »City Gate« titulierten siebenstöckigen Zwei-Gebäude-Komplex. Hotels, Gaststätten und Geschäfte - ein etwa dreistelliges Millionenprojekt, das ursprünglich schon vor Jahren fertiggestellt sein sollte.
Aus dem Bremer Bauressort kommt vom Sprecher Jens Tittmann auf Anfrage des »nd« die entspannte Erklärung, dass es sich um eine Privatbaustelle handele, mit der der Bremer Bausenator nur im Rahmen der allgemeinen Bauaufsicht zu tun habe. Bremen habe dem Investor, der Achim Griese Treuhandgesellschaft mbH (AGT), das Grundstück mit bestimmten Auflagen für Nutzung und Gestaltung verkauft und sich damit jeder weiteren Verantwortung entledigt.
Auch Susanne Freye von der AGT reagiert gelassen auf die »nd«-Nachfrage. Sie seien ein seriöser, erfahrener Investor, der mit zeitlichem und finanziellem Puffer plane. Deshalb sei der erneute Baustopp, der vielleicht eine Verzögerung von sechs bis acht Wochen bringe, kein Problem. Außerdem sei der Grundwasserspiegel in Bremen eben auch sehr hoch. Eine Tatsache allerdings, die schon bei der Bauplanung klar gewesen sein sollte.
Dort, wo sich bis Baubeginn eine jederzeit zugängliche Skaterbahn unter freiem Himmel befand, gähnt eine über 30 Meter tiefe Baugrube. Immerhin wurde dafür kürzlich ein viel gepriesener Ersatz eingeweiht: eine viel kleinere Anlage, verborgen in einem alten Postgebäude. Dort gibt es allerdings feste Öffnungszeiten, der Tageseintritt kostet vier Euro. Damit gehört die freie, offene Skater-Szene zu den Verlierern des »City Gate«-Projektes.
Plötzlich abgesagt wurde auch eine geplante Verkehrswege-Umleitung rund um den Bahnhof - angeblich nicht wegen einer zweiten Absenkung der Straßenbahnschienen, sondern nur zur Vorbeugung. Die Menschen, die sich auf den schon vor der Schienensperrung zu engen Bahnsteigen drängen oder die verlegte Haltestelle einer Buslinie suchen müssen, reagieren hanseatisch gelassen. So als gehörten die Baustellen-Auswirkungen in eine Kategorie mit dem ständigen Bremer Nord-West-Wind.
Selbst als sich die Hochstraße direkt hinter der Baugrube so weit neigte, dass Handlungsbedarf aufkam, blieb Bremens Bevölkerung ruhig - und befuhr die Trasse solange weiter, bis sie gesperrt wurde.
Es macht sich offenbar auch niemand Sorgen darüber, dass die Tiefbaufirma, die für die erste Runde an Absackungen oder -senkungen von der AGT als Verursacherin ausgemacht wurde, pikanterweise mit ihren Erfahrungen ausgerechnet im Tunnelbau wirbt. Der Firma wurde gekündigt, es laufen gegenseitige Beschuldigungen und Regressforderungen zwischen dem Tiefbauer und der AGT.
Vielleicht ist die inflationäre Nennung immer neuer Eröffnungsdaten Grund für die Gelassenheit der Bevölkerung. Die scheint den Glauben verloren zu haben, dass jemals aus dem nun schon fast anderthalb Jahre klaffenden Sandloch Immobilien in die Höhe wachsen könnten.
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