Frankreichs Armee will mehr Geld
Präsident François Hollande weist Forderung des Generalstabschefs zurück
General Pierre de Villiers, Generalstabschef und damit ranghöchster Soldat der drei Waffengattungen, hat in der Wirtschaftszeitung »Les Echos« jetzt mehr Geld für Frankreichs Streitkräfte gefordert. »Wir befinden uns in einer neuen Epoche, und der Frieden ist nichts Selbstverständliches mehr«, sagt Pierre de Villiers. Deshalb müsse das Militärbudget in den nächsten Jahren auf mindestens zwei Prozent des Bruttosozialprodukts des Landes steigen, während es heute lediglich 1,77 Prozent ausmacht.
Friedlich und sicher zu leben, habe seinen Preis, so der General. Die zunehmenden aktuellen Bedrohungen vor allem durch den islamistischen Terrorismus und das Engagement Frankreichs im Nahen Osten, in West- und Zentralafrika beanspruchten die Streitkräfte in hohem Maße und auch der Einsatz im Inland im Rahmen des Ausnahmezustands gehe bis an den Rand des Möglichen - und manchmal auch darüber hinaus. Das Modell der französischen Armee sei gut und richtig, aber es nutze sich ab. Nötig seien vor allem materielle Verbesserungen.
Darum fordert der General, im kommenden Jahr eine »strategische Überprüfung unserer militärischen Kapazitäten« vorzunehmen und dann schon das Militärbudget für 2018 entsprechend aufzustocken, um schrittweise bis 2020 die Lücke zu schließen.
Pierre de Villiers räumt dabei ein, dass der Militärhaushalt unter Präsident François Hollande nach den Terroranschlägen vom Januar 2015 schon zweimal leicht angehoben wurde, doch sei das noch nicht ausreichend. Er verweist zugleich auf den »mehrfachen Nutzen für das Land«, denn ein Euro mehr für die Verteidigung schlage sich nieder in zwei Euro für Forschung, Beschäftigung und Export.
Durch diese außergewöhnliche öffentliche Stellungnahme des höchsten Vertreters der Armee, die man wegen ihrer traditionellen Verschlossenheit »La Muette« (Die Stumme) nennt, fühlte sich Präsident Hollande, der Oberbefehlshaber der Streitkräfte des Landes ist, ganz offensichtlich herausgefordert. Entsprechend ging der Staatschef persönlich vor die Presse und verwies darauf, dass die Militärausgaben in seiner Amtszeit »bereits mehrfach an die neuen Erfordernisse angepasst« wurden. Dagegen hätten frühere Präsidenten das Verteidigungsbudget immer nur mehr oder weniger stark gekürzt.
»Frankreichs Armee verfügt über die Mittel, die für ihre Ziele nötig sind«, sagte Hollande. »Das bedeutet, die Sicherheit der Bürger im Inland zu gewährleisten und eine glaubwürdige Abschreckung gegen alle Arten äußerer Bedrohung zu sichern.« Natürlich schließe das nicht aus, dass in den nächsten Jahren weitere Anstrengungen nötig werden, räumte der Präsident ein.
Demgegenüber stellte sich Manuel Valls, der bis vor kurzem Hollandes Regierungschef war und 2017 als Präsidentschaftskandidat antreten will, hinter General de Villiers. »Wir dürfen nicht die Augen davor verschließen, dass wir erst am Anfang eines Krieges gegen den internationalen Terrorismus stehen, der lang und hart sein wird«, sagte Valls, »und darauf müssen unser Militär und alle Sicherheitskräfte bestmöglich vorbereitet sein.«
François Cornut-Gentille, Abgeordneter der rechtsbürgerlichen Republikaner und militärpolitischer Sprecher der Oppositionspartei, nannte Hollandes Worte »hohl und beschönigend«. Die Situation der Streitkräfte sei in Wirklichkeit besorgniserregend. Es sei höchste Zeit, des Budget gemäß der veränderten internationalen Lage kräftig aufzustocken.
Die Streitkräfte hätten vor allem zu wenig moderne und einsatzfähige Küstenschutzboote, Panzerwagen und Transportflugzeuge. Zweitens »verrotte« die Militärtechnik, weil es an Mitteln für Unterhaltung und Instandsetzung fehle, und drittens müsse das ganze Modell der Anwerbung von Berufssoldaten kritisch überprüft werden, weil es überall an Militärs mangele.
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