Angeklagter Referatsleiter beteuert Unschuld

Im Korruptionsprozess verteidigt ehemaliger LAGeSo-Beamter beschlagnahmtes Geld als zurückgezahltes Darlehen

  • Ellen Wesemüller
  • Lesedauer: 3 Min.

Im Prozess gegen einen ehemaligen Referatsleiter des einst für Flüchtlinge zuständigen Landesamts für Gesundheit und Soziales (LAGeSo), der wegen Korruption und Steuerhinterziehung angeklagt ist, wurden am Montag letzte Beweise aufgenommen. Stefan T. ist angeklagt, einer Sicherheitsfirma Vorteile bei der Vergabe von Verträgen für Flüchtlingsunterkünfte verschafft zu haben. Der Angeklagte soll dafür laut Staatsanwaltschaft zwei Jahre lang mindestens 123 000 Euro kassiert haben. Bei einer Hausdurchsuchung im Februar waren 51 000 Euro in seinem privaten Tresor gefunden worden.

Am vorletzten Verhandlungstag bestritt der Angeklagte T. erneut seine Schuld. Der Richter verlas eine Erklärung Ts. Demnach haben sich der Beamte und Dino J., ebenfalls angeklagter Manager der Sicherheitsfirma, 1988 kennengelernt. J. gründete eine Firma und konnte T. überzeugen, einzusteigen. Dieser stellte das Erbe seiner Mutter als Kapital zur Verfügung. 1998 trennten sich die Wege, T. übertrug J. seine Anteile, ohne, dass es zunächst zu einer Rückzahlung gekommen sei. T. habe Privatinsolvenz anmelden müssen.

Um seine Schulden zu tilgen, habe J. seit langem Zahlungen an T. geleistet. Das Geld habe T. »in der Wohnung verwahrt, was sicherlich ungewöhnlich ist, aber den wirtschaftlichen Problemen in der Vergangenheit geschuldet war. Es gab die Befürchtung, dass er gepfändet wurde.« Die Staatsanwaltschaft hatte diese Verteidigung als »Schutzbehauptung« bezeichnet.

Auch der Nebenangeklagte Oliver W., Geschäftspartner und ehemaliger Lebensgefährte J.s, gab eine Erklärung ab. Bereits am ersten Prozesstag im August hatte er umfangreich ausgesagt (»nd« berichtete). Unter anderem hatte zugegeben, T. das Geld überbracht zu haben. Zu seiner Verteidigung hatte er sich auf seine Spielsucht gestützt, wollte dies jedoch wieder zurücknehmen. Die Staatsanwaltschaft warf ihm daraufhin »Verfahrensverzögerung« vor.

Weiterhin ließ W. seinen Anwalt verlesen: »Ich wollte niemanden direkt belasten. Es war erst, weil die Beamten darauf drängten, wie ich an die Aufträge kam, dass ich den Namen T.s nannte.« Den Antrag W.s auf einen Sachverständigen, der seine verminderte Schuldfähigkeit aufgrund einer Krankheit bestätigen soll, lehnte der Vorsitzende Richter ab. Dies werde keine neue Erkenntnis bringen, zum Krankheitsbild gebe es bereits eine Einlassung.

Ob das Geld nun von einem Darlehen stammt oder tatsächlich Bestechung ist, kann vermutlich nicht bewiesen werden. Die Staatsanwaltschaft hatte es nicht geschafft, neben der Aussage W.s weitere Indizien oder Beweise für die Verurteilung wegen Bestechlichkeit zu sammeln.

Prozessbeobachter Fabio Reinhardt, bis zur Wahl im September flüchtlingspolitischer Sprecher der Piraten im Abgeordnetenhaus, sagt hingegen: »Auch wenn T. nur so getan hat, als ob er Einfluss auf das Verfahren nehmen könnte, wäre das Korruption.« Er forderte, die Ausschreibungen mit klaren Verfahren transparenter zu gestalten.

Der damalige Sozialsenator Mario Czaja (CDU) hatte als Reaktion auf die Durchsuchungen im März angeordnet, dass LAGeSo-Mitarbeiter nur noch in Ausnahmefällen allein mit Betreibern von Flüchtlingsunterkünften, Sicherheitsfirmen oder Cateringfirmen reden dürfen. Sicherheitsfirmen sollten direkt vom LAGeSo beauftragt werden statt von den Betreibern.

Dies ist jedoch noch nicht geschehe. Regina Kneiding, Sprecherin der neuen Sozialsenatorin Elke Breitenbach (LINKE), sagte: »Die Vergabe des Wachschutzes wird in einem neuen Ausschreibeverfahren geregelt. Das ist im Werdegang.«

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