Mit Volldampf ins Solarzeitalter

Die Preise für Solarstrom sinken weltweit in den Keller

  • Dirk Eidemüller
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Sonne scheint für Solarunternehmen: Mittlerweile sind die Stromerzeugungskosten für große Photovoltaik-Kraftwerke so weit gesunken, dass sie in sonnenverwöhnten Regionen tagsüber konkurrenzlos günstig Strom produzieren können. Zu verdanken ist dies weniger der Politik als den jahrzehntelangen Bemühungen von Wissenschaftlern und Ingenieuren weltweit, die Solartechnologie dahin zu bringen, wo sie nach Ansicht vieler hingehört: An die erste Stelle der globalen Energieproduktion. Mit Ausnahme der Atomenergie und der Geothermie, die auch in Zukunft eher Nischen füllen werden, stammt ja letztlich alle vom Menschen verbrauchte Energie von der Sonne. Wind und Gezeiten sind ebenso wie Biomasse und fossile Energieträger nur Nebenprodukte der Sonneneinstrahlung auf unserem Planeten.

Die Preise für Solarstrom sind heute schon unschlagbar: In Marokko entsteht zurzeit ein Großkraftwerk mit 800 Megawatt, das sowohl Photovoltaik als auch Solarthermie nutzt. Die PV-Module liefern Strom für weniger als drei Eurocent pro Kilowattstunde - allerdings nur, solange die Sonne scheint. Abends und nachts springt dann die Solarthermie ein, die derzeit noch knapp fünfmal teurer als die Photovoltaik ist, aber ebenfalls immer billiger wird.

Ähnliche Solar-Großkraftwerke existieren bereits oder befinden sich im Aufbau. Die Vereinigten Arabischen Emirate haben beschlossen, das Gros ihrer Energieerzeugung von Erdöl auf Solar- und Nuklearenergie umzustellen. Vermutlich wird solar sich auf Dauer als billiger herausstellen und die nuklearen Pläne obsolet machen. Die Shams Solar Po wer Station, in der ebenso wie im marokkanischen Kraftwerk viel deutsche Technik steckt, hat bislang ihre Erwartungen übertroffen und an heißen Sommertagen bis zu einem Viertel mehr Strom produziert als die 100 Megawatt, für die die Anlage eigentlich ausgelegt ist. In Sweihan entsteht das nächste Kraftwerk mit 350 Megawatt, das mit nur noch knapp über zwei Euro-Cent pro Kilowattstunde unglaublich günstigen Strom liefert.

Auch die chilenische Solarindustrie befindet sich derzeit in einer Phase schneller Expansion. Die Standortbedingungen im Norden sind äußerst günstig: Hinter der dem Pazifik zugewandten Andenkette, an der sich die Wolken abregnen, herrscht geringe Luftfeuchtigkeit und eitel Sonnenschein. Aufgrund der hohen geografischen Lage kommt in vielen Regionen besonders viel UV-Strahlung an, die in den Silizium-Solarzellen für einen hohen Wirkungsgrad sorgt.

Mit dem dramatischen Preisverfall für Photovoltaik - über 80 Prozent allein in den letzten sieben Jahren - steht die globale Stromproduktion vor einem Umbruch. Auf der Weltklimakonferenz in Marrakesch im November war es deshalb eines der heißesten Themen unter Experten, wie sich die riesigen Mengen an Kapital nutzen lassen, die derzeit von den großen Notenbanken zur Verfügung gestellt werden und die verzweifelt eine sinnvolle Anlagemöglichkeit suchen.

Leider sind gerade in Afrika die politischen und ökonomischen Rahmenbedingungen schwierig: Großinvestoren wie Rentenfonds oder Lebensversicherern ist es meistens gesetzlich nicht gestattet, außerhalb von OECD-Ländern zu investieren, Währungsrisiken in Afrika einzugehen oder sich an Unternehmen mit begrenzter Bonität zu beteiligen. Hier werden ganz neue Instrumente gefragt sein, um Finanzierungsrisiken zu minimieren und langfristige Investments - etwa gebündelte Solaranleihen - mit einer Laufzeit zwischen 15 und 30 Jahren möglich zu machen.

Die Summen, um die es geht, sind gigantisch: Für eine saubere Energieversorgung der gesamten Menschheit sind nach dem Paris-Abkommen ab dem Jahr 2020 allein jährliche Transferzahlungen der Industrie- in die weniger entwickelten Länder in Höhe von 100 Milliarden Dollar vorgesehen. Bislang kalkuliert man große Solarinvestments in Milliarden, Finanzierer reden aber bereits über einen Billionenmarkt.

All diese Entwicklungen zeigen, wie schlecht beraten jede Volkswirtschaft wäre, nicht in diesem riesigen und wichtigen Zukunftsmarkt aktiv zu werden. Die Steinzeit ist nicht zu Ende gegangen, weil es keine Steine mehr auf der Erde gab. Das fossile und das nukleare Zeitalter werden nicht zu Ende gehen, weil es irgendwo unter der Erdoberfläche keine Kohle, kein Öl oder kein Uran mehr geben wird.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -