Dosierte Machtlosigkeit

Wirtschaftsminister: Bahnbetriebswerk Eberswalde und Bombardier in Hennigsdorf müssen sich Konkurrenz stellen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Als der Grünen-Abgeordnete Michael Jungclaus die Vertreter des Wirtschaftsministeriums aufforderte, nicht nur an Symptomen herumzudoktern, sondern das Wesen der Konflikte zu betrachten, reichte es Staatssekretär Hendrik Fischer: Es seien doch vor allem die Grünen gewesen, die gegen das Monopol der Deutschen Bahn ihre These von »mehr Wettbewerb auf der Schiene« gesetzt hätten. Nun gebe es diesen Wettbewerb und damit dessen Folgen. Zunehmend erhielten Drittanbieter im Regionalverkehr den Zuschlag, die niedrige Personalkosten hätten und ihre Züge auch nicht in Werken der Deutschen Bahn warten ließen. Und mit Blick auf die Kurzarbeit-Null in Eberswalde sagte er: »Sie gehen woanders hin, wenn sie das dort billiger bekommen. Deshalb sind die Bahnwerke nicht mehr ausgelastet.«

Zuvor hatte Jungclaus der Landespolitik vorgeworfen, sie habe ihren Beitrag dazu geleistet, dass von rund 1000 Güterbahnhöfen im Landheute nur eine Handvoll übrig sind.

»Das Land betreibt keine Güterbahnhöfe«, antwortete ihm Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD). Und es habe gemeinsam mit Berlin ein Förder-Cluster Verkehr gebildet, das der Bedeutung des Wirtschaftszweigs sehr wohl gerecht werde. Kostengünstige Alternativen seien nicht nur für die potenziellen Kunden des Bahnwerks in Eberswalde gegeben, sondern auch im Falle des Schienenfahrzeugbauers Bombardier in seinem Standort Hennigsdorf, stellte Gerber klar. Bombardier müsse innovativer werden, bessere Produkte anbieten und diese pünktlich und in der vereinbarten Qualität zu liefern. Wenn das nicht gewährleistet sei, würden die Deutsche Bahn und andere Anbieter woanders hingehen und dort bestellen. Zwar wachse der Schienenmarkt, doch in noch stärkerem Maße die Konkurrenz vor allem aus Fernost.

Gerber informierte darüber, dass Bombardier im Wirtschaftsministerium Förderanträge zur Forschung und Entwicklung in einer Gesamthöhe von 3,3 Millionen Euro gestellt habe, die derzeit bearbeitet würden. Das sei einerseits nicht wenig Geld, andererseits aber auch keine Summe, von der man Hunderttausende Arbeitsplätze dauerhaft finanzieren könne. Alles hänge perspektivisch davon ab, dass Bombardier »wieder schwarze Zahlen schreibt«. Das Land könne dabei mit Fördergeld und auch einer Bürgschaft die Innovationsfähigkeit des Unternehmens unterstützen. Die Konzernführung habe zugesichert, bis zum Sommer ein Konzept für die Umstrukturierung vorzulegen.

Gerber betonte: »Maßnahmen der Kostensenkung müssen über den Personalabbau hinausgehen«. Besonders ärgerlich sei für ihn der häufige Wechsel der Ansprechpartner in der Führungsetage von Bombardier. Das erschwere die Verhandlungen zusätzlich.

Auch in Eberwalde sind es dem Vernehmen nach Probleme mit der Brandschutzanlage, die den Betrieb des Unternehmens unter dem Neueigentümer vorerst stoppen. Der Wirtschaftsminister informierte darüber, dass er sich mit dem Bürgermeister verständigt habe. Die dortige Aufsichtsbehörde würde »nicht zu hart« auftreten, was ihre Brandschutzforderungen betreffe. Der Konflikt erinnert entfernt an den Flughafen BER, wo die Bauaufsichtsbehörde des Landkreises Dahme-Spreewald wegen der nicht genehmigungsfähigen Brandschutzanlage 2012 die Inbetriebnahme des Großflughafens verhindert hatte.

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