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Asymmetrischer Anachronismus

Das Treffen Frankreichs mit afrikanischen Staaten hat seine Symbolik verloren

  • Odile Jolys, Dakar
  • Lesedauer: 3 Min.

Frankreich hat unter Staatspräsident François Hollande drei militärische Interventionen in Afrika unternommen. Im Gegensatz zu seinem Vorgänger Nicolas Sarkozy hatte sich Hollande aber sowohl jeweils um ein Mandat der Vereinten Nationen und um Zustimmung der Afrikanischen Union bemüht.

Für den im Mai aus dem Amt scheidenden Hollande war der Gipfel in Malis Hauptstadt also die Gelegenheit, dieses Eingreifen Frankreichs zu würdigen, insbesondere die Operation Serval, die Anfang 2013 die Befreiung Nordmalis von islamistischen Kämpfern und Touareg-Separatisten zum Ziel hatte.

Die jubelnden Massen, die ihre Dankbarkeit ausdrückten, als Hollande im Februar 2013 die befreite Stadt Timbuktu im Norden Malis besuchte, hatte er als den wahrscheinlich wichtigsten Tag seines politischen Lebens gewürdigt. Der Staatschef hatte damals das Eingreifen Frankreichs in den malischen Konflikt auch mit dem Abtragen von Schuld begründet, dass afrikanische Soldaten in den Weltkriegen an der Seite Frankreichs gekämpft hatten.

Der Tagungsort Bamako hatte also für den französischen Präsidenten große Bedeutung. Die Lage in Mali ist aber längst nicht so stabil und sicher, wie die Wahl für eine solche Konferenz es zeigen möchte. Im Norden herrscht große Unsicherheit und diese hat sich sogar in das Zentrum des Landes ausgeweitet.

Das ist nicht der einzige Dämpfer, den Hollandes Afrika-Politik vertragen muss. Er hatte versprochen, den Francafrique-Machenschaften ein Ende zu setzen. Für Felwine Sarr, Wirtschaftswissenschaftler und Schriftsteller aus Senegal, existiert zwar dieses alte Netzwerk von Seilschaften zwischen Paris und Westafrika nicht mehr, aber Frankreich würde sich immer noch als Gendarm Westafrikas stilisieren. »Die schwierige Frage der Regierungsführung auf dem Kontinent hängt stark von den geostrategischen Interessen Frankreichs ab«, so der Autor.

Bei den problematischen Wahlen in Kongo-Brazzaville, in Gabun oder Tschad war dies wieder zu sehen. »Das Spiel Frankreichs in Afrika bleibt trüb«, meint Sarr, der zu den wichtigsten Intellektuellen Westafrikas zählt. »Dem französischen Diskurs über Demokratie in Afrika fehlt es deswegen an Glaubwürdigkeit. Zwar waren die Interventionen Frankreichs unter Hollande mit UN-Mandat und Zustimmung der Afrikanischen Union ausgestattet, doch auch wenn die Pariser Intervention in Mali notwendig gewesen sei, sollte man nicht aus dem Augen verlieren, dass Frankreich mittel- und langfristig eigene strategischen Ziele in der Region verfolgt.«

Für Sarr sind solche Konferenzen wie in Bamako »ein Anachronismus«. Das zeigt auch das bescheidene Medienecho. »Wieso muss sich ein Land mit 50 Staaten treffen?«, fragt Sarr. Seine Kritik gilt auch anderen Gipfeln wie China-Afrika- oder Indien-Afrika-Treffen. »Sie sind Ausdruck der Asymmetrie der internationalen Beziehungen.« Mit den Europa-Afrika-Treffen sei das anders.

Felwine Sarr gehört zu jenen Stimmen, die in Westafrika immer stärker zu hören sind, denen es nicht um Kritik an Frankreich geht, sondern die afrikanische Staaten dazu bewegen wollen, selber mehr eigene Verantwortung zu übernehmen.

Sarr fragt deshalb: »Wieso können unsere Staaten unsere Interessen nicht alleine verteidigen? Ein Staat wie Ruanda zum Beispiel schafft es. Es gibt viel mehr Möglichkeiten, unsere Souveränität zu verteidigen, als man glaubt.« Treffen wie dieses in Mali wecken keine Erwartungen bei Sarr. Die einstige Symbolik wirkt nicht mehr.

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