Ist die NPD nur noch halb so schlimm?
Der Richterspruch wird das Land nicht verändern
Auch in den letzten Tagen des NPD-Verbotsverfahrens mag man keinen Optimismus verbreiten. Nur wenige teilen die Hoffnung, die obersten Richter in Karlsruhe mögen Demokratie und Anstand einen Dienst erweisen und die rechtsextremistische Partei zur Aufgabe zwingen.
Schon tröstet man sich, dass die Blamage für die Bundesrepublik nicht so groß sein werde wie beim ersten gescheiterten Versuch, denn: Diesmal haben sich die Bundesregierung und der Bundestag nicht dem Antrag angeschlossen. Allein der Bundesrat als Vertretung der Länder muss den Kopf hinhalten. Er wollte, dass die Rechtsextremisten nicht länger via Parteienfinanzierung mit Steuermitteln alimentiert und in die Lage versetzt werden, Hasskundgebungen legal anzumelden und sie durch Polizei schützen zu lassen. Grundsätzlich aber sollte das Verbotsverfahren gegen die NPD nicht nur ein Schlag gegen die damals größte politische Organisation der Neonazis sein. Man wollte vielmehr zeigen, dass der Staat entschlossen ist, den vom Grundgesetz gegeben Auftrag zum Kampf gegen jedweden Rassismus siegreich zu führen.
Der erste Antrag 2003 geriet zum Fiasko, als herauskam, wie intensiv der Verfassungsschutz die NPD mit seinen Vertrauensleuten gespickt hatte. Dann, Ende 2011, flog der Nationalsozialistische Untergrund (NSU) auf. Die Neonazis hatten zehn Menschen hingemetzelt, Bomben gezündet, Banken ausgeraubt. Es gab Verbindungen zur NPD. Personelle, ideologische. Doch die als Anlass für ein Verbot zu nehmen, war erneut Symbolpolitik.
Noch vor Jahren, als die NPD in die Parlamente eindrang, waren die Chancen für ein Verbot weitaus größer. Nun erscheint die NPD fast unbedeutend und kommunal begrenzt. Was auch damit zu tun hat, dass die Partei angesichts des drohenden Verbots »die Füße still hielt«. Wesentlicher ist jedoch, dass die Partei in ihrem Rechtsaußenspektrum mannigfache, klug gelenkte Konkurrenz erhalten hat. Die NPD verliert Sympathie nicht nur an radikalere Vereine wie »Die Rechte« oder den »III. Weg«. Rechtsextremisten und brave Bürger vereinen sich inzwischen in der AfD, verlieren sich an Gauland, Höcke und Petry. Und selbst aus der CSU hört man inzwischen Losungen, für die einst die NPD noch schwer kritisiert worden ist.
Wie immer die Richter entscheiden, sie können Regierenden und Regierten die Verantwortung beim Schutz von Demokratie und Anstand nicht abnehmen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.