Schnellschuss auf Pumpak

Sachsen: Heftiger Streit um geplante Tötung eines Wolfs

  • Hendrik Lasch, Dresden
  • Lesedauer: 3 Min.

Pumpak ist nicht scheu genug. Der Wolf, dessen Name ihm von polnischen Wissenschaftlern verliehen wurde und so viel wie »der Fette« bedeutet, streift in Ostsachsen durch Vorgärten, wühlt in Komposthaufen und soll selbst Äpfel nicht verschmähen. Er angelte sich indes auch die Schwarte eines frisch erlegten Wildschweins. Derlei Verhalten sei »unerwünscht«, sagen die Experten vom Kontaktbüro »Wölfe in Sachsen«, und es sei den Anwohnern »nicht dauerhaft zumutbar«.

Der Ansicht ist man auch im sächsischen Umweltministerium - und erteilte erstmals in Sachsen die Genehmigung für die »Entnahme«, sprich: das gezielte Töten eines Wolfes. Das Raubtier unterliegt eigentlich strengem Schutz. Die Sicherheit des Menschen habe aber Vorrang vor dem Artenschutz, teilte das Ministerium mit. Daher sei »in diesem speziellen Fall« die Entnahme gerechtfertigt. Die »Gesellschaft für den Schutz der Wölfe« geht davon aus, dass auch der Auftrag zum Abschuss schon erteilt ist.

Pumpak wäre nicht der erste Wolf, der in Deutschland abgeschossen wird. Ende April 2016 ereilte dieses Schicksal bereits »Kurti«, einen Wolf, der in Niedersachsen lebte und offiziell als »MT 6« bezeichnet wurde. Er hatte sich wiederholt Menschen genähert und zuletzt sogar einen angeleinten Hund gebissen. Ein schwedischer Fachmann war mit dem Versuch gescheitert, das auffällige Tier zu »vergrämen«. Die deshalb erteilte Abschussfreigabe galt als Zäsur im deutschen Wolfsmanagement, war aber sogar von Tierschützer als unumgänglich angesehen worden.

Bei Pumpak ist das anders; die Genehmigung zur Tötung stößt auf viel Kritik. Die »Gesellschaft für den Schutz der Wölfe« betont, es gebe keine Hinweise auf eine akute Gefährdung von Menschen. Bei deren Anblick hatte sich das Tier bisher stets zurückgezogen. Einen Versuch zur Vergrämung habe man nicht unternommen, obwohl Sachsens Regularien zum Umgang mit Wölfen das vorschreiben. Moniert wird auch, dass die bundesweite Beratungsstelle für den Wolf nicht hinzugezogen wurde. Sie war im Januar 2016 nicht zuletzt eingerichtet worden, um »bei schwierigen Fällen zu helfen«, wie das Bundesministerium für Umwelt damals mitteilte.

Tierschützer vermuten, dass das kein Zufall ist. Sie sehen Pumpak als »politisches Bauernopfer«, wie es in einer Erklärung des »Freundeskreises frei lebender Wölfe« heißt. Verwiesen wird auf eine Debatte über Abschüsse von Wölfen, die Jäger und Tierhalter forcieren und die vor allem Politiker der Union aufgreifen - unter ihnen Sachsens Umweltminister Thomas Schmidt (CDU), der Ende 2016 sagte, ein Abschuss dürfe »kein Tabu« mehr sein. Christian Schmidt, CSU-Agrarminister im Bund, hatte sich im Januar angeschlossen. In einem dicht besiedelten Land müssten Wölfen bei der Ausbreitung »Grenzen gesetzt« werden, sagte er und befürwortete die »beschränkte Abschussfreigabe«. Man sei an dem Punkt, »an dem gehandelt werden muss«.

Naturschützer sehen das anders. Zwar hat sich die Zahl der Wolfsrudel in Deutschland zuletzt binnen Jahresfrist von 31 auf 46 erhöht. Im ersten Jahresbericht der bundesweiten Beratungsstelle ist aber noch immer von einer »ungünstigen Erhaltungssituation« die Rede. Dass nun an Pumpak ein Exempel statuiert wird, nannte der Naturfotograf René Schleichardt in der »Sächsischen Zeitung« deshalb einen »Schnellschuss« - hinter dem er ein weitergehendes Motiv vermutet: Es gehe darum, den »Schutzstatus des Wolfes im Allgemeinen auszuhebeln«.

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