Wer in Schwerin wen kontrolliert

Opposition will Ministeramt und Landtagssitz trennen

  • Iris Leithold, Schwerin
  • Lesedauer: 3 Min.

Die FDP-Kritik an der Doppelrolle fast aller Schweriner Minister als Mitglieder von Regierung und Parlament hat im Landtag eine Grundsatzdiskussion ausgelöst. Der Opposition zufolge kontrolliert sich die SPD/CDU-Landesregierung damit praktisch selbst. Die AfD fordert deshalb eine Verfassungsänderung.

In Mecklenburg-Vorpommern haben Regierungschef Erwin Sellering (SPD), alle Minister - bis auf Justizministerin Katy Hoffmeister (CDU) - sowie der Vorpommern-Staatssekretär Patrick Dahlemann (SPD) parallel zu ihrem Regierungsamt auch ein Landtagsmandat. Damit werde der in Grundgesetz und Landesverfassung festgeschriebene Grundsatz der Gewaltenteilung schwerwiegend durchbrochen, hatte der Generalsekretär der Landes-FDP, Johannes Weise, vorige Woche gesagt. Das Problem gebe es auch in anderen Bundesländern und beim Bund, »allerdings selten in dieser massiven Ausprägung«.

Die Koalitionsfraktionen sehen im Gegensatz zur Opposition kein Problem für die Gewaltenteilung. Im Gegenteil: Der Sprecher der CDU-Fraktion, Oliver Kaiser, sagte, der enge Kontakt zwischen der Regierung und den regierungstragenden Fraktionen sei ein wichtiger Bestandteil der heutigen parlamentarischen Demokratie. »Es geht um eine strukturell beabsichtigte enge funktionale Verknüpfung.« Die Meinungsbildung finde nicht separat zwischen Regierung und Regierungsfraktionen statt, sondern gemeinsam an einem Tisch. Das habe sich bewährt. Der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Jochen Schulte, sprach von einer »gefestigten Tradition des parlamentarischen Regierungssystems« in Bund und Ländern.

Ein verfassungsrechtliches Verbot von gleichzeitigem Regierungsamt und Parlamentsmandat gibt es nicht. Aus Sicht der LINKEN besteht aber immer die Gefahr, dass Minister in den Fraktionen versuchen durchzuregieren. »Die Rolle des Parlaments wird so untergraben«, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der LINKEN-Fraktion im Landtag, Peter Ritter. Die Trennung von Amt und Mandat sollte seiner Ansicht nach eine Selbstverständlichkeit sein. Seine Partei - damals hieß sie noch PDS - habe während ihrer Regierungsbeteiligung in Mecklenburg-Vorpommern von 1998 bis 2006 diese Trennung durchgesetzt und gute Erfahrungen damit gemacht.

Der Fraktionsvorsitzende der AfD, Leif-Erik Holm, schlug eine Änderung der Landesverfassung vor, um die Gewaltenteilung konsequent durchzusetzen und das Parlament in seiner Kontrollfunktion zu stärken. »Wenn 13 Prozent der Landtagsmitglieder gleichzeitig der Landesregierung angehören, kann von einer Kontrolle der Exekutive durch die Legislative kaum die Rede sein«, sagte er. Er legte den Mitgliedern der Landesregierung nahe, ihre Landtagsmandate niederzulegen.

SPD-Mann Schulte sieht das anders. Er sagte: »Wir betrachten das Mandat - vom Wähler durch seine Wahlentscheidung in der Regel sehr bewusst verliehen - als hohes Gut, das man nicht einfach durch Berufung in ein Regierungsamt ablegen und dadurch einem Nachfolger übertragen kann.«

Die Debatte um die Gewaltenteilung in Deutschland läuft schon seit Jahrzehnten. Die Bundeszentrale für politische Bildung erläutert auf ihrer Internetseite, die ganz klassische Gewaltenteilung zwischen Legislative und Exekutive könne gar nicht funktionieren, weil nicht das Parlament die Regierung kontrolliere, sondern im Parlament die Opposition die Regierungsmehrheit. dpa/nd

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