Umtriebiger konservativer Dauertalker

CDU-Mann Elmar Brok hört als Chef des Außenausschusses des Europaparlaments auf. In der Ukrainekrise spielte er eine unrühmliche Rolle

  • Aert van Riel
  • Lesedauer: 4 Min.

Der Außenausschuss des Europaparlaments spielt in der Weltpolitik keine allzu große Rolle. Internationale Abkommen der EU, die die Zusammenarbeit mit anderen Staaten vertiefen sollen, brauchen die Zustimmung des Gremiums. Ansonsten hat der Ausschuss in erster Linie beratende Funktion. Die Außenpolitik liegt nämlich vor allem in den Händen der Mitgliedstaaten. Dass der Ausschussvorsitzende Elmar Brok trotzdem bundesweit bekannt ist, liegt vor allem an seiner großen Medienpräsenz. Auch weil er offenbar ständig erreichbar ist, wird der CDU-Politiker oft in Fernsehtalkshows eingeladen oder er gibt Interviews.

Dabei werden zumeist die widersprüchlichen Aussagen und dubiosen Tätigkeiten von Brok, der neben seinem Mandat als Abgeordneter viele Jahre Lobbyist für den Medien- und Dienstleistungskonzern Bertelsmann war, einfach übergangen. Ein Beispiel hierfür war das Interview im Deutschlandfunk mit dem 70-Jährigen, das am Dienstag aus Anlass seines Abschieds als EU-Ausschusschef ausgestrahlt wurde. Dabei durfte Brok »dieses Europa« loben. »Die Bilanz ist doch einfach großartig: 70 Jahre Frieden und Freiheit«, verkündete der Konservative. Die Kriege auf dem Balkan in den 90er Jahren verschwieg Brok ebenso wie den Konflikt im Osten der Ukraine.

Das dürfte seine Gründe haben. Denn während der Maidan-Demonstrationen und nach dem Machtwechsel in Kiew hatte Brok eine unrühmliche Rolle gespielt. Als im Februar 2014 das neue Kabinett unter Führung des Premierministers Arseni Jazenjuk zusammenkam, dem auch Minister der rechten Partei Swoboda (Freiheit) angehörten, schwang sich Brok zum Verteidiger der Neofaschisten auf. Entscheidend seien nicht »Sprüche der Vergangenheit«, sondern dass die Partei sich für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie einsetzen solle, sagte Brok damals dem ARD-Magazin Panorama. Swoboda sei nicht die Partei, die er liebe, aber sie habe es möglich gemacht, dass derjenige, der seine eigenen Menschen verfolgt und erschossen habe, nicht mehr im Amt sei.

Gemeint war der aus dem Amt gejagte Präsident Wiktor Janukowitsch, der zwar demokratisch gewählt wurde, dessen Amtszeit aber von Korruption und Vetternwirtschaft geprägt war. Seine Spezialeinheiten waren brutal gegen Demonstranten vorgegangen. Die von Brok beschworene Rechtsstaatlichkeit galt aber nicht für alle Ukrainer. Der Sitz der Kommunistischen Partei (KPU), die vor ihrem Verbot mit einer Reihe von Abgeordneten im Parlament vertreten war, wurde im Februar 2014 von Maidan-Anhängern angegriffen. Regionale Büros der Partei wurden verwüstet und mit Molotowcocktails in Brand gesetzt. Das Europaparlament verurteilte symbolisch die Gewalt.

Für Brok ging es nicht unbedingt um eine Demokratisierung der Ukraine, sondern vor allem um eine Schwächung prorussischer Kräfte, zu denen auch die KPU zählte. Notfalls sollte dieses Ziel mit Gewalt durchgesetzt werden. Zur Unterstützung der Kiewer Zentralregierum im Krieg in Donbass, der nach der »Maidan-Revolution« und der darauf folgenden Gewalteskalation ausgebrochen war, hatte der Christdemokrat eine bessere Ausstattung mit »Defensivwaffen« gefordert. Zudem sprach sich Brok immer wieder erfolgreich dafür aus, dass die Sanktionen gegen Moskau, das die Separatisten im Donbass unterstützt, verlängert werden.

Auf den Mann aus Nordrhein-Westfalen wird nun sein Parteikollege David McAllister als Vorsitzender des EU-Außenausschusses folgen. Der frühere niedersächsische Ministerpräsident ist seit 2014 Mitglied der konservativen EVP-Fraktion im Europaparlament. Seitdem hat er sich ebenso wie Brok näher mit Osteuropa beschäftigt. McAllisters Schwerpunkt ist Serbien, das seit drei Jahren mit der EU über einen Beitritt verhandelt. Für diese Gespräche war McAllister Berichterstatter.

Voraussetzungen für eine Annäherung Belgrads an die EU waren unter anderem die Überstellungen von serbischen Kriegsverbrechern an das Tribunal in Den Haag. Zudem lobte McAllister kürzlich, dass Serbien wichtige wirtschafts- und sozialpolitische Reformen eingeleitet habe. Für viele Lohnabhängige in dem südosteuropäischen Land bedeutete dies allerdings nichts Gutes. Um die Anforderungen aus Brüssel umzusetzen, waren etwa Einschnitte im Arbeitsrecht und bei den Renten notwendig.

Zwar will die Mehrheit der Serben in die EU, zugleich aber ihr enges Verhältnis zu Russland nicht aufgeben. Sollte das Land gezwungen werden, sich zwischen den beiden Seiten zu entscheiden, könnte dies zu einer Krise führen, wenn auch nicht in dem Ausmaß wie in der Ukraine, die wegen des EU-Assoziierungsabkommens von Moskau und Brüssel massiv unter Druck gesetzt worden war. Bislang gibt es keine Hinweise darauf, dass McAllister sich dafür einsetzt, dass diese Fehler, für die auch sein Vorgänger Brok verantwortlich war, nicht erneut begangen werden.

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