Der Tod lauert weiter vor Andalusiens Küste
Zahl der Fluchtversuche über die Straße von Gibraltar im Mittelmeer nimmt wieder zu / Auch 2017 sind bereits Todesopfer zu beklagen
Valencia. Das südwestliche Mittelmeer zwischen Nordafrika und der andalusischen Küste ist wieder zur Todesfalle geworden. Nach Angaben der Organisation für Migration (IOM) der Vereinten Nationen sind in den ersten drei Wochen des Jahres 24 Menschen ertrunken, die mit Booten versuchten, die Meerenge zu überwinden und nach Spanien zu gelangen.
Nach den ruhigen Tagen Anfang Januar zog über ganz Spanien bis zum Alboran-Meer zwischen Marokko und Algerien und dem spanischen Festland von Gibraltar bis nach Almería Schlechtwetter auf mit Stürmen über 100 Stundenkilometern. Dennoch wagten sich Flüchtlinge mit Booten auf die See. Erst in der vergangenen Woche zerbrach eine dieser aus Holz gefertigten so genannten »Pateras« und die Geflüchteten sprangen ins Meer. Sieben Leichen wurden vor Cádiz von einem Patrouillenboot der Guardia Civil del Mar aus dem Wasser geborgen.
Solche Meldungen häufen sich seit dem vergangenen Jahr wieder, auch wenn die Flüchtlingszahlen nicht annähernd so hoch sind wie die auf der Route nach Italien oder im Ägäischen Meer. Als in den Jahren 2006 und 2007 zehntausende mit »Pateras« und Schlauchbooten auf die iberische Halbinsel kamen, wurde zwischen Marokko und Spanien eine enge Zusammenarbeit zur Grenzkontrolle an den Küsten vereinbart. Und für die spanischen Nordafrika-Enklaven Ceuta und Melilla, wo die meisten Fluchtwilligen schon von der marokkanischen Polizei gestoppt werden, bevor sie an die sechs Meter hohen Drahtzäune gelangen und versuchen, sie zu überklettern um »nach Europa« zu kommen.
Nachdem die Balkanroute geschlossen und das Meer zwischen Türkei und Griechenland stärker überwacht wurde, verlagerten sich die Fluchtrouten zum Teil ins westliche Nordafrika, vor allem nach Tunesien und bis nach Marokko. Die Mehrzahl derer, die nach Spanien kommen wollen, stammt allerdings aus afrikanischen Ländern, großenteils aus den Staaten südlich der Sahara. Im gesamten Jahr 2016 kamen nach Angaben der IOM 8162 Flüchtlinge mit Booten auf das spanische Festland. Im Jahr zuvor waren es 4408.
Nicht alle wagen sich auf die oft tödliche Meeresroute. Sie suchen den Weg in die beiden spanischen Enklaven Ceuta und Melilla an der marokkanischen Küste. Schaffen sie es dorthin, dann sind sie auf Boden der Europäischen Union und können ihren Asylantrag stellen. Zwar erfüllen die meisten die Bedingungen für die Asylgewährung nicht, aber eine Abschiebung ist aus Spanien ebenso schwierig wie etwa aus Deutschland. Die Menschen werden zunächst in den Enklaven in Flüchtlingszentren untergebracht. Die sind zurzeit hoffnungslos überbelegt. Um den Druck zu mildern werden die Geflüchteten – die den Zaun überklettern oder sich im kleinen Grenzverkehr mit Marokko einschmuggeln konnten – aufs Festland gebracht. Auch dort kommen sie in Flüchtlingslager. Manche versuchen dann, von dort zu entkommen und sich auf eigene Faust auf dem Weg nach Norden zu machen.
Ein Weg, sich der Aufsicht der Behörden zu entziehen besteht darin, sich als blinder Passagier auf eine der mehrmals täglich verkehrenden Fähren von Ceuta und Melilla nach Spanien oder auf ein Frachtschiff zu schleichen. Die spanische Policia Nacional (Nationalpolizei) hat in einem einzigen Monat 500 solche Versuche vereitelt und die blinden Passagiere von Bord geholt.
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