Mildere Strafen bei häuslicher Gewalt in Russland
Duma verabschiedet neues Gesetz / Nur drei Gegenstimmen im Unterhaus des russischen Parlaments
Moskau. Das russische Parlament hat mit überwältigender Mehrheit ein Gesetz verabschiedet, das die Strafen bei häuslicher Gewalt verringert. 380 der 450 Duma-Abgeordneten stimmten am Freitag in Moskau in dritter Lesung für das Gesetz, nur drei Abgeordnete stimmten mit Nein. Der Text muss noch den Senat passieren, bevor es von Präsident Wladimir Putin unterzeichnet werden kann.
Das Gesetz reduziert die Strafen für Gewalt gegen Familienmitglieder bei Ersttätern, wenn sie nicht zu schweren Verletzungen führt. Bislang waren dafür Strafen von bis zu zwei Jahren Gefängnis vorgesehen, nun sollen Geldstrafen von umgerechnet bis zu 470 Euro gelten.
»Wir wollen zeigen, dass die russischen Abgeordneten nicht den Maßlosigkeiten folgen, die wir in Westeuropa sehen«, sagte Andrej Issajew von Putins Partei Einiges Russland während der Debatte. Er behauptete, dass europäische Kinder ihre Eltern bei den Behörden »denunzieren«, damit ihnen das Sorgerecht entzogen werde.
Menschenrechtsorganisationen hatten gewarnt, dass das Gesetz eine Zunahme häuslicher Gewalt zur Folge haben werde. Auch die kommunistischen Duma-Abgeordneten lehnten das Gesetz in dieser Form ab. Sie hatten gefordert, Angriffe auf Kinder und Schwangere von den Strafmilderungen auszunehmen. Der kommunistische Abgeordnete Juri Sinelschtschikow sagte, Frauen gingen nur selten zur Polizei, um ihre gewalttätigen Ehemänner anzuzeigen. Künftig würden dies noch weniger tun.
In der russischen Gesellschaft ist häusliche Gewalt weit verbreitet. Eine aktuelle Umfrage ergab, dass 19 Prozent der befragten Russen der Ansicht sind, dass Gewalt gegen Kinder oder Partner unter gewissen Umständen akzeptabel ist. nd/AFP
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!