Mehr Arbeit, auch für die Agentur

Steigende Beschäftigtenzahlen / Qualifizierung soll Chancen auf gutes Einkommen erhöhen

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

Die positive Wirtschaftslage macht sich weiterhin auf dem Arbeitsmarkt bemerkbar. 8,2 Prozent der Brandenburger (108 034) waren nach Zahlen der Arbeitsagentur ohne Job. Saisontypisch ist die Quote um 0,7 Prozentpunkte gegenüber Dezember 2016 angestiegen. Im Jahresvergleich ist die Arbeitslosigkeit allerdings um einen Prozentpunkt gesunken. Auch die Entwicklung in der Hauptstadt ist positiv. 182 502 Berliner (9,8 Prozent) waren im Januar als arbeitslos gemeldet, 0,6 Prozentpunkte mehr als im Dezember, aber 0,9 Prozentpunkte weniger als im Januar 2016. Hoch ist nach wie vor die Unterbeschäftigung. Diese eingerechnet, allerdings ohne Kurzarbeiter, lag die Arbeitslosenquote in Berlin bei 13,2 Prozent, in Brandenburg bei 10,6 Prozent, Im Jahresvergleich gab es einen Rückgang um jeweils etwa einen halben Prozentpunkt.

»Das ist der beste Stand in Berlin seit dem Jahr 2000«, sagt Bernd Becking, neuer Chef der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Arbeitsagentur. Er hat zu Jahresbeginn die Nachfolge der langjährigen Vorsitzenden der Geschäftsführung, Jutta Cordt, angetreten. Cordt wechselte an die Spitze des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF). »Wir haben die Plätze getauscht«, sagt Becking. Er selbst leitete bis September die für sieben Bundesländer zuständige Region Nord des BAMF.

Mit Flüchtlingen wird er auch weiterhin viel zu tun haben, schließlich steht die Integration in den Arbeitsmarkt erst ganz am Anfang. Am Geld wird es seiner Meinung nach nicht scheitern. 570 Millionen Euro stehen in Berlin, 300 Millionen Euro in Brandenburg für die sogenannte aktive Arbeitsmarktpolitik dieses Jahr bereit, genau so viel wie 2016. »Wir werden dabei alles tun, um Langzeitarbeitslose und Flüchtlinge nicht gegeneinander auszuspielen«, sagt Becking. Schließlich seien die Probleme auch in gewisser Weise vergleichbar. Fast die Hälfte aller Berliner und knapp ein Drittel aller Brandenburger Langzeitarbeitslosen haben keinen Berufsabschluss.

Für die wichtigste Qualifikation - Deutsch lernen - gebe es in Berlin und Umland genug Kapazitäten, so Becking. »Im berlinfernen Brandenburg fehlen allerdings Sprachlehrer«, sagt der Regionalchef. Das verzögere die Integration.

Die rund 9000 arbeitslosen Geflüchteten zwischen 15 und 25 Jahren in Berlin werden von den Jugendberufsagenturen betreut. Die jüngste wurde erst im November 2016 in Neukölln eröffnet. Genau wie andere Jugendliche sollen die jungen Geflüchteten zu Berufsabschlüssen hingeführt werden. »Zu 80 Prozent werden Fachkräfte gesucht, nur 20 Prozent der Stellen sind für Hilfsarbeiter geeignet«, nennt Becking den einfachen Grund. Die Hauptstadt - ohne nennenswerte verarbeitende Industrie - habe einfach wenig Aufnahmefähigkeit für Hilfskräfte.

»Nachhaltige Beschäftigung nicht nur bei Flüchtlingen erhalten wir nur über Qualifizierung«, sagt Becking. Für besonders geeignet hält er dabei die in Verhandlungen mit der Berliner Industrie- und Handelskammer in einzelne Module zerlegten Berufsausbildungen. Acht Berufsabschlüsse, darunter in der Umzugs-, Abfall- und Sicherheitsbranche können so Schritt für Schritt erreicht werden. »Das bietet Chancen für Menschen, die eine Ausbildung nicht auf einen Hub schaffen«, so Becking.

Um noch mehr Jugendliche für eine Berufsausbildung zu gewinnen, könnte Becking - selbst Amateurschiedsrichter - sich eine Zusammenarbeit mit dem Berliner Fußballverband vorstellen. »Viele haben eine Profikarriere vor Augen, kommen aber nicht oben an und haben dann kein gutes Leben.«

Sorgen bereitet ihm die Digitalisierung. »Mein Gott, da werden die Anforderungen an die Menschen immer höher«, stöhnt Becking. Er wird Antworten finden müssen.

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.