Schwarzer Peter für Multis

Bridgestone und Novartis erhalten Schmähpreis »Public Eye Award«

  • Urs Fitze, Davos
  • Lesedauer: ca. 2.0 Min.

Der japanische Reifen-Konzern Bridgestone und der Schweizer Pharma-Multi Novartis erhalten den diesjährigen Schmähpreis »Public Eye Award« in Davos. Als positives Gegenbeispiel wurde die Schweizer Handelsgruppe Coop ausgezeichnet.

Am Mittwochabend haben die beiden Nichtregierungsorganisationen »Erklärung von Bern« und »Pro Natura« in Davos die siebten »Public Eye Awards« verliehen. Damit soll außerhalb der geschlossenen Zirkel des Weltwirtschaftsforums (WEF) eine »Gegenöffentlichkeit« geschaffen werden. Aus einer Liste von ursprünglich 40 in- und ausländischen Konzernen haben die Organisatoren zwei Unternehmen, beide Mitglieder des Weltwirtschaftsforums, ausgewählt, um die »Schattenseiten einer rein auf Profit orientierten Globalisierung« vor Augen zu führen. Der »Public Eye Global Award« geht 2007 an den japanischen Bridgestone-Konzern. Dieser dulde auf seinen Gummiplantagen in Liberia bis heute Kinderarbeit, wie Alfred Brownell, Präsident der liberianischen Nichtregierungsorganisation »Green Advocats« berichtete. Nur mit Unterstützung der Kinder sei es den Arbeiterinnen überhaupt möglich, die von Bridgestone verlangten Sollmengen an Kautschuk zu ernten. Den »Public Eye Global Swiss Award« erhält der Basler Multi Novartis wegen seiner Patentpraxis in Indien. Der Pharmamulti habe im vergangenen Mai Berufung gegen die Zulassung von Nachahmerpräparaten eingereicht, die in Konkurrenz zu dem eigenen Blutkrebs-Medikament Glivec stehen. Die wesentlich günstigeren Generika seien auch für indische Patienten erschwinglich. Jetzt müssten Tausende buchstäblich um ihr Leben bangen, sollte sich Novartis vor Gericht durchsetzen, erklärte Yogenda Sapru, Vorsitzender der indischen Krebshilfeorganisation »Cancers Patient Aid Association« in Mumbai, die über 5000 Krebspatienten betreut. Erstmals wurde in Davos auch ein Preis für »wegweisende unternehmerische Initiativen« verliehen. Er ging an die Coop-Gruppe. Der Einzelhandelskonzern hatte bereits 1993 das Label »Naturaplan« für Bioprodukte eingeführt, das dem ökologischen Landbau in der Schweiz einen entscheidenden Impuls verliehen habe. Der Kontrast zwischen der Atmosphäre der Gegenveranstaltung der Globalisierungskritiker im Davoser Hotel Montana zum geschäftigen, pompösen Rummel im Kongresszentrum hätte größer nicht sein können. Gerd Leipold, Geschäftsleiter von Greenpeace International, sprach vom symbolischen Zeigefinger des »Public Eye Award«, der »notwendiger denn je« sei. Dass er dennoch am WEF teilnehme, sei kein Widerspruch. Es sei auch innerhalb der dortigen Spielregeln notwendig, der Zivilgesellschaft eine Stimme zu verleihen. Das WEF sei ein »vordemokratisches Modell«, und gerade deshalb brauche es den pointierten Protest der Zivilgesellschaft. Leipold will beim WEF auch die Werbetrommel für eine Greenpeace-Kampagne rühren, die einen raschen Ersatz für immer noch mit dem Treibhausgas FCKW betriebene Kühlanlagen vorsieht. Dieser Initiative hat sich unter anderem der weltweit operierende Coca-Cola-Konzern angeschlossen. Tony Juniper, Vizepräsident der Naturschutzorganisation »Friends of the Earth International«, hat dem WEF dagegen schon vor drei Jahren den Rücken gekehrt. Damals wurde er, obwohl geladener Teilnehmer, daran gehindert, ein Thesenpapier zu verbreiten. Die Agenda des WEF sei veraltet, kritisiert Juniper. »Es geht heute darum, weltweit nachhaltige Standards zu realisieren. Stattdessen wird weiter dereguliert, mit...

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