IS-Präsident Donald Trump?
Debatte um »Spiegel«-Titel
Donald Trump mit dem blutig abgetrennten Kopf der Freiheitsstatue in der Hand: Die Titel-Zeichnung des »Spiegel« hat am Wochenende im In- und Ausland für Wirbel gesorgt. In sozialen Netzwerken erstreckten sich die Reaktionen von »sehr mutig« bis »geschmacklos« und »lächerlich«. Auch zahlreiche US-Medien berichteten über das Titelblatt. Die »Washington Post« ließ den Zeichner Edel Rodriguez zu Wort kommen.
Rodriguez sei als Neunjähriger aus Kuba in die USA gekommen, schrieb die Zeitung. Das Einreiseverbot des neuen Präsidenten für Bürger aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern habe ihn empört. Seine Zeichnung solle nun »das Enthaupten der Demokratie« verdeutlichen. Der Künstler selbst postete am Sonntag auf Twitter Fotos von Demonstranten, die mit Bannern seiner Zeichnung durch New York und San Francisco ziehen.
In Deutschland regte sich deutliche Kritik an dem Vergleich Trumps mit einem islamistischen Terroristen. »Bild« (Samstag) zitierte den EU-Parlaments-Vizepräsidenten Alexander Graf Lambsdorff (FDP) mit dem Kommentar: »Geschmacklos.« Der CDU-Außenpolitiker Karl-Georg-Wellmann riet in dem Blatt: »Ich rate allen, etwas runter zu kommen.« »Kein Wort ist zu groß, kein Vergleich zu schief, als dass er nicht angebracht werden würde«, hieß es in einem Beitrag der »Welt« über einen »hyperventilierenden Anti-Trump-Journalismus«. Und die »FAZ« warnte: Wer eine Gleichung Trump gleich Terror aufmache, habe sein Pulver als Trump-Kritiker früh und vollständig verschossen.
Auch in den sozialen Netzwerken wurde über das Titelbild des »Spiegel« diskutiert. Auf der Plattform schmalbart.de, die als Gegengewicht zu Veröffentlichungen aus dem rechtsgerichteten politischen Spektrum gegründet wurde und deren Name auf das US-amerikanische Portal »Breitbart« des Publizisten Steve Bannon anspielt, der von Trump zum Chefstrategen des Weißen Hauses ernannt wurde, kritisierte der Blogger Christoph Kappes, das Hamburger Magazin habe mit dem Titelbild eine Grenze überschritten. Medien dürften in einer Zeit, in der »die politische Welt aus den Fugen gerät, nicht auch noch mit dem Presslufthammer auf die Kacheln schlagen«. Köpfen sei »das weltweite Zeichen für Terror«, Trump sei vieles, aber kein Terrorist.
Demgegenüber verteidigte der Onlinejournalist Frank Zimmer ebenfalls auf schmalbart.de das Cover des »Spiegel«. Es erinnere daran, dass Trump der »mächtigste Verbündete« des sogenannten Islamischen Staates (IS) sei. Die »Spirale aus Hass, Wut, Angst und Empörung nach dem nächsten islamistischen Anschlag in den USA oder auf einen US-Stützpunkt im Ausland« sei »so vorhersehbar, dass PR-Teams sie schon heute wie im Manöver üben könnten«. Trump und sein Berater Bannon würden einen solchen Anschlag »sicher nicht wünschen und schon gar nicht planen, aber sie werden ihn ausschlachten. Sie werden das Netz kochen lassen. Sie werden einen neuen Reichstagsbrand herbeitwittern und Ermächtigungsgesetze gegen Muslime, Ausländer, Einwanderer und praktisch jeden fordern, den sie zum Feind im totalen Krieg gegen den Terror erklären. Sie werden das tun, was der IS will und damit seine nützlichen Idioten sein. Das ist eigentliche Vision des neuen ›Spiegel‹-Titels: IS-Präsident Donald J. Trump«. nd (mit epd)
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.