Spanische Linke gespalten, die Rechte regiert
Nach den Sozialdemokraten leistet sich auch die Linkspartei Podemos mit einem Grabenkampf eine gefährliche Nabelschau
Die spanischen Konservativen freuen sich, dass sich die Linke im Land Grabenkämpfe leistet. Dabei könnte die spanische Linke, wie das Nachbarland Portugal zeigt, eigentlich auch das viertgrößte Euroland regieren. Denn die rechte Volkspartei (PP) verlor in zwei Wahlgängen nicht nur ihre absolute Sitzmehrheit im Parlament, sie kommt nun nicht einmal mehr mit der rechtsliberalen Ciudadanos (Bürger) auf eine Mehrheit. Doch massive Verluste führen in der PP weder zur Führungskrise noch zu Machtkämpfen: Parteichef und Premier Mariano Rajoy ist unangefochten.
Die Linksparteien »Podemos« (Wir können es) und die »Sozialisten« (PSOE) leisten sich interne Auseinandersetzungen. Bei der PSOE brach der »Krieg« nach den fatalen Wahlergebnissen aus, die den Sozialdemokraten das Auftauchen der neuen Podemos-Partei bescherte. Die PSOE stürzte auf historische Tiefstände ab, da Podemos drauf und dran war, sie als zweitstärkste Kraft abzulösen. Da dies Podemos aber auch bei den Wahlen im vergangenen Juni nicht gelang, obwohl sie dabei im Bündnis mit der kommunistisch dominierten Vereinten Linken (IU) antrat, wurde aus dem Umfeld des Vize-Parteichefs Íñigo Errejón deutliche Kritik laut.
Er wollte schon zuvor die Breite bewahren, statt sich klar als Linkspartei zu verorten, um Wähler in der Mitte nicht zu vergraulen. Tatsächlich gingen gegenüber dem ersten Wahlgang Podemos dort Stimmen verloren, wobei viele IU-Wähler das Bündnis nicht gewählt haben. Gemeinsam kam es praktisch auf die gleichen Stimmen wie zuvor Podemos allein. 900 000 IU-Stimmen fielen praktisch unter den Tisch.
Dramatisch ist die Lage in der PSOE. Massive inhaltliche und persönliche Differenzen sorgten sogar dafür, dass die Parteirechte den Parteichef Pedro Sánchez im vergangenen Dezember »weggeputscht« hat, wie viele an der Parteibasis meinen. Die Partei wird noch bis Juni von einer Interimsführung geführt, bis ein neuer Chef oder Chefin gekürt ist. Auch eine Spaltung ist nicht ausgeschlossen. Und Sánchez stellt erneut die Machtfrage. Er will sich von der Basis an die Parteispitze heben lassen.
Pedro Sánchez wurde gestürzt, als er sich auf den portugiesischen Weg gemacht hat. Er wollte mit Podemos und Unterstützung von baskischen und katalanischen Regionalparteien regieren, um eine Alternative zur Austeritätspolitik zu schaffen. Im Nachbarland ist die Linksregierung erfolgreich. Sie schafft es sogar anders als die Konservativen in Spanien, die von Brüssel gesetzten Sparziele zu erfüllen. Portugals Regierungschef António Costa setzte 2016 die Stabilitätsmarke für 2017 mit 2,5 Prozent sogar noch »bequem« unter die von der EU-Kommission gesetzte Marke von drei Prozent.
Wichtig war, dass die linken Parteien jahrzehntelange Grabenkämpfe beendet und reale Verbesserungen für die Bevölkerung ins Zentrum ihrer Politik gestellt haben. Der marxistische Linksblock (BE) und die grün kommunistische Koalition CDU sprangen über ihre Schatten und unterstützten Costa. Gemeinsam werden Löhne und Renten erhöht, eingeführte Sondersteuern abgeschafft und gekürzte Sozialleistungen wieder ausgeweitet. So wurde die Konjunktur angekurbelt und die Arbeitslosigkeit gesenkt.
Einig sei sich die portugiesische Linke nur darin, dass besser die Rechte regiert, denn dann kann sie »sich zusammentun, um die zu stürzen«, ätzte noch vor einigen Jahren der Komiker Ricardo Araújo Pereira. In Portugal wurde das überwunden, was man sich in Spanien weiter leistet, statt sich Portugal zum Vorbild zu nehmen. Über miserable Lebensbedingungen, Arbeits- und Wohnungslosigkeit spricht man nun auch in Podemos kaum noch. Dabei waren das die Themen, mit denen die Partei populär wurde.
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