Dieses Theater ist ein Privileg
Wie Castorf 1992: Silvia Rieger plündert und prügelt Shakespeares »Lear« an der Volksbühne
Weil nur die hinteren drei Reihen bestuhlt sind, müssen sich die meisten Zuschauer auf den kalten Boden setzen. Anscheinend ist dies selbst für das an Unkonventionelles gewöhnte Volksbühnenpublikum zu viel. Immer wieder bleiben den Saal betretende Menschen wie in Schockstarre stehen, legen die Stirn in Falten und grimassieren verschüchtert wie hilflose Schulkinder, die eine Lehrerin gerade beim Pornoheftschmökern erwischt hat. Darum geht die Vorstellung erst mit einiger Verspätung los. Es bleibt also ausreichend Zeit, das Setting zu studieren. Dafür braucht es aber nicht mehr als einen flüchtigen Blick. Die Bühne hat etwas von einem Jahrmarktprovisorium: Ein zerfledderter weißer Vorhang verdeckt zwei schemenhaft erkennbare Türmchen, einer davon mit rosa herausragendem Dach. Sonst: nichts, außer Bert Neumanns mausgrauem Beton.
Dann tritt Silvia Rieger hervor. Am Leibe trägt sie ein golden glitzerndes Queerqueenkostüm. In ihrem grim...
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