Fünf Gründe, in Hamburg gegen die G20 zu protestieren

Wenn im Juli die Staatschefs zusammen kommen, erwartet die Stadt die größten Proteste ihrer Geschichte

  • Werner Rätz
  • Lesedauer: 5 Min.

Die 20 Staats- und Regierungschefs, die sich am 7. und 8. Juli in Hamburg treffen werden, repräsentieren große Industrie- und Schwellenländer sowie die EU und treffen sich seit 2008 in diesem Kreis. Die Asienkrise hatte 1999 zur ersten Einberufung des Gremiums als informelles Treffen der Finanzminister geführt. Auch das Treffen der Chefs 2008 war eine Reaktion auf eine Krise, nämlich die beschönigend Finanz- und Bankenkrise genannte Krise des globalen Kapitalismus.

Lesen Sie zu den Vorbereitungen für die G20-Proteste auch: »Hoffnung entsteht aus Rebellion – Auf der Suche nach einem linken Aufbruch«.

Die Bundesregierung beschreibt auf ihrer offiziellen G20-Webseite das Gremium »als das bedeutendste Forum für wirtschafts- und finanzpolitische Zusammenarbeit«. Der selbsterhobene Anspruch der Versammelten besteht also darin, den modernen Kapitalismus zu managen, seine Krisen zu bewältigen und vor allem die Weltwirtschaft, sprich die Kapitalverwertung, in Schwung zu halten. Das misslingt ihnen offensichtlich gründlich, und zwar nicht nur, weil sie unfähig wären, sondern weil sie die falschen Rezepte anwenden. Die Themen benennt wiederum die Bundesregierung: »geopolitische Konflikte, Terrorismus, Migrations- und Fluchtbewegungen, Armut und Hunger sowie voranschreitender Klimawandel und Epidemien«.

Wer wollte dieser Problembeschreibung widersprechen? Wenn man allerdings auf die Lösungsansätze schaut, die von G20-Regierungen propagiert werden, dann finden wir nur alte Rezepte, die schon in der Vergangenheit ihre Untauglichkeit bewiesen haben, wie Wirtschaftswachstum, Freihandel, Schaffung privater Investitionsmöglichkeiten und in deren Folge umfassender Sozialabbau.

Auch ein genauerer Blick auf die Einzelthemen lohnt sich:

1. Geopolitische Konflikte und Terrorismus

Syrien, Irak, Afghanistan, Kongo, Ukraine, Jemen. Jeder dieser Kriege kann sich noch weiter ausdehnen. An jedem sind gleich eine ganze Reihe G20-Länder beteiligt und nirgendwo verfügen sie über erfolgversprechende Ideen der Deeskalation und Friedensstiftung. Auch terroristische Gruppen haben ihre eigene Logik und entstehen nicht einfach nur als Folge des Agierens Dritter. Aber die wesentlichste Ursache für ihre in den letzten Jahren ständig wachsende Basis liegt in der Politik der G20, nicht zuletzt in deren Kriegen.

2. Migrations- und Fluchtbewegungen

Inzwischen weit über 60 Millionen Menschen haben nicht nur ihr Zuhause, sondern dabei auch ihr Land verlassen. Das tun sie in großer Zahl nur dann, wenn ein Leben dort unmöglich ist. Im Sommer 2015 waren die zehn wichtigsten Herkunftsländer von Geflohenen in Deutschland: Syrien, Albanien, Kosovo, Afghanistan, Irak, Serbien, Eritrea, Mazedonien, Pakistan, Nigeria. In jedem dieser Länder haben G20-Staaten in den letzten Jahren Krieg geführt, regionale Konflikte akzeptiert oder verstärkt. Für jedes gilt, was die Gruppe »Kanak Attak« schon vor über einem Jahrzehnt formulierte: »Wir sind hier, weil ihr unsere Länder zerstört.«

3. Armut und Hunger

Obwohl der Anteil der Hungernden an der Weltbevölkerung gesunken ist, haben immer noch mehr als 800 Millionen Menschen nicht genug zum Essen. Dabei werden nach wie vor Nahrungsmittel für fast 12 Milliarden Menschen jährlich produziert. Hunger ist ein Verteilungsproblem und als solches eng mit dem Kapitalismus verbunden, in dem nur versorgt wird, wer bezahlen kann. Institutionen wie die Weltbank und der Internationale Währungsfonds, die bei den G20 regelmäßig mit am Tisch sitzen, haben mit ihren Programmen viel dazu beigetragen, dass Unterstützungsmaßnahmen für die Ärmsten, die es in zahlreichen Ländern gab, beendet wurden.

4. Voranschreitender Klimawandel

Die G20 sind für 82 Prozent der weltweiten Kohlendioxidemissionen verantwortlich.

5. Epidemien

Verarmung, Abschaffung staatlicher Gesundheitsvorsorge, ausbleibende Finanzierung der Weltgesundheitsorganisation und dafür Förderung privater Organisationen wie der Bill- und Melinda-Gates-Stiftung haben wesentlichen Anteil an der sich verschlechternden Gesundheitssituation in vielen Ländern der Welt.

Es sind also genau die Verursacher und Antreiber all der genannten Probleme, die sich im Juli in Hamburg versammeln werden. Dabei haben sie inzwischen auch massive Widersprüche untereinander, sodass es naiv wäre zu erwarten, dass sie mehr tun, als das Ganze trotz verschiedener Störungen am Laufen zu halten.

Sowohl die führenden Neoliberalen (May aus Großbritannien, Abe aus Japan, Merkel aus der BRD u.a.), als auch autoritär geführte Staaten wie Russland, China, die Türkei oder Saudi-Arabien und rechtsradikale, rassistische Regimes wie Indien, Brasilien, Mexiko sind dabei, und natürlich fehlen auch die korrupten Regierungschefs aus Südkorea oder Südafrika nicht. Ein besonderes Glanzlicht wird dieses Jahr Donald Trump aus den USA sein. Vielleicht kommt auch noch Marine Le Pen aus Frankreich dazu.

Nicht nur die von Grund auf falsche Politik, sondern auch dieses Personal zeigt, dass die G20 Teil des Problems und nicht der Lösung ist. Wer sich solche Figuren einlädt, hat sich selbstverständlich auch den internationalen Protest eingeladen. Also auf nach Hamburg!

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