Gewachsene Überlebenschancen
Vor dem fünften Brandenburgischen Krebskongress
Obwohl die Diagnose Krebs heutzutage keineswegs nahezu zwangsläufig wie in früheren Zeiten das Todesurteil bedeutet, ist er nach Herz-Kreislauf-Erkrankungen die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Mehr als 400 Teilnehmer wollen von Freitag bis Sonnabend auf dem 5. Brandenburgischen Krebskongress über den Umgang mit der Krankheit diskutieren. Das seit 1995 im Land und seit 2016 gemeinsam mit Berlin geführte Krebsregister biete eine gute Grundlage, erklärte Gesundheitsministerin Diana Golze (LINKE) am Mittwoch in Potsdam.
Einer vom Tumorzentrum Land Brandenburg herausgegebenen Statistik zufolge hat die Häufigkeit von Krebserkrankungen der Prostata, des Darms, der Harnblase und der Haut zwischen 1961 und 1990 zugenommen. Diese Aussage stützt sich auf das Krebsregister der DDR. Diese Entwicklung hat sich insbesondere im Falle von Prostatakrebs nach 1990 fortgesetzt, aber auch bei Hautkrebs, Harnblasenkrebs und Darmkrebs. Lungenkrebs bei Männern stieg der Diagnosehäufigkeit zufolge zwischen 1961 und 1975 an, verharrte bis etwa 2000 auf ähnlichem Niveau und ging seither zurück. Einzig bei Magenkrebs gab es 1961 mehr Diagnosen als in den Jahren danach.
Bei den Frauen setzte sich die Zunahme von Brustkrebsdiagnosen auch nach 1990 fort, ebenso nahmen die Fallzahlen bei Hautkrebs und Lungenkrebs (hier im Gegensatz zu den Männern) nach 1990 noch einmal zu, während Magenkrebs - wie bei Männern - kontinuierlich zurückging. Der Anstieg bei Darmkrebs setzte sich nach 1990 fort, ging seit 2005 wieder etwas zurück. Die geringsten Änderungen finden sich beim Gebärmutterkrebs - hier liegt heute - mit geringen Ausschlägen - eine ähnliche Situation vor wie 1961. Die Angaben wurden auf Basis von Diagnosen je 100 000 Einwohnern gemacht. Sowohl bei Männern als auch bei Frauen gibt es dabei eine zeitliche Lücke zwischen 1990 und 1995, in der keine Angaben zu Krebserkrankungen existieren. Nach der politischen Wende war das »Krebsregister der DDR« geschlossen, nicht mehr fortgeführt und erst 1995 »auf freiwilliger Basis als Vereinbarung von Krankenkassen und Politik« fortgesetzt, worden, teilte Dr. André Buchali, Vorstandsvorsitzender der Tumorgesellschaft, dazu mit.
Kongresspräsident Prof. Michael Kiel bot Interpretationen für die statistisch ermittelten Entwicklungen an. Die allgemeine Zunahme der Diagnose Krebs hänge ganz grundsätzlich mit der zunehmenden Vorsorge und dem wachsenden Durchschnittsalter der Brandenburger zusammen. Ferner mit der Entdeckung von früher nicht bekannten Krebsformen. Auch früher habe nicht jede Krebserkrankung zum Tode geführt. Das gelte heute erst recht, und vielfach seien in der Vergangenheit andere Todesursachen festgesellt worden, die sich sozusagen vor den Krebstod geschoben hätten. Der Rückgang bei Magenkrebs seit 1961 könne mit der langfristigen »Umstellung von Ernährungsgewohnheiten« zusammenhängen. Lungenkrebs nehme bei Männern mit der Raucherhäufigkeit ab. Möglicherweise habe die Emanzipation bei den Frauen dazu geführt, dass sie später mit dem Rauchen begonnen haben, aber eben auch später damit aufhören, so dass hier derzeit noch kein Rückgang beim Lungenkrebs zu erkennen ist. Die explosionsartige Zunehme der Diagnose Prostatakrebs und Brustkrebs bedeute nicht eine gleichzeitige Zunahme der Todesrate, vielmehr zeitige die Früherkennung Früchte und die Heilungsrate habe in ähnlichem Maße zugenommen. Die stetige Zunahme von Hautkrebs kann mit dem Schönheitswahl der »Sonnenbademeister« zusammenhängen, die in der Jugend schön, im Alter aber leider krank sind.
In Brandenburg gibt es fünf onkologische Schwerpunktzentren - in Cottbus, Frankfurt (Oder), Neuruppin, Potsdam und Schwedt. Sie gewährleisteten eine flächendeckende, bedarfsgerechte und qualitativ hochwertige Versorgung, so die Ministerin. Deren Arbeit werde durch mittlerweile 70 Selbsthilfegruppen für krebskranke Menschen und deren Angehörige im Land gut ergänzt.
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