Unverhoffter Abflug beim BER
Technik-Chef muss Flughafengesellschaft FBB verlassen - Nachfolger kommt von der Bahn
Fast hatte es den Anschein, als würde Jörg Marks seine Position als Technikchef und quasi oberster Leiter der spektakulärsten Baustelle der Hauptstadtregion über die jüngste Pannenserie am künftigen Hauptstadtflughafen BER hinweg retten können. Doch am Ende musste für die peinliche Terminverschiebung Mitte Januar wohl doch jemand verantwortlich gemacht werden. Da es vordergründig um technische Probleme mit der Steuerungselektronik der Sicherheitstüren, den Sprinklern und damit wieder einmal auch der Brandschutzanlage ging, musste Marks gehen.
Die Flughafengesellschaft gab sich in ihrer Mitteilung vom Donnerstag gewohnt wortkarg. Unter dem Titel »Wechsel in der Bauorganisation des Flughafens Berlin Brandenburg (BER)« heißt es da lakonisch, der bisherige Leiter des Projekts BER, Jörg Marks, verlasse die Flughafen Berlin Brandenburg GmbH (FBB). Gründe für die Entscheidung, über die die Geschäftsführung am Vortag den Präsidialausschuss des Aufsichtsrats informiert habe, wurden nicht genannt.
Während es für Marks den Dank des Flughafenchefs Karsten Mühlenfeld gab, wurde als dessen Nachfolger »mit sofortiger Wirkung« wieder einmal ein früherer Bahnmanager präsentiert. Die Bauleitung des Projekts liegt nunmehr in den Händen des bisherigen Geschäftsführers der DB ProjektBau GmbH, Christoph Bretschneider. Und man teilte mit: »Für die schwierigen Aufgaben, die noch vor uns liegen, ist Christoph Bretschneider der richtige Mann.« Der 56-Jährige werde auf dem Weg zur Eröffnung des BER eine zentrale Funktion übernehmen, um das Projekt zum Abschluss zu bringen. Alle baulichen Genehmigungen lägen vor.
Den Siemens-Manager Jörg Marks hatte der berüchtigte BER-Chef Hartmut Mehdorn als Wunschkandidat an die Flughafenbaustelle geholt. Der hatte zuvor deren damaligen Leiter, den sächsischen Unternehmer und Informatikprofessor Jochen Großmann, nach Korruptionsvorwürfen gefeuert. Dessen Vorgänger wiederum, den Bauingenieur Horst Amann, hatte Mehdorn 2013 weggebissen.
Jörg Marks, bereits die Nummer fünf seit Projektbeginn auf diesem Platz, habe man viel zu verdanken, ließ sich nun Mühlenfeld zitieren. »Durch seinen Einsatz ist es gelungen, am BER seit 2014 wesentlich voranzukommen«, hieß es gar. Das sah offenbar auch der Flughafen-Aufsichtratschef, Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), bislang so. Dennoch hatte Müller jüngst im Groll über die Terminabsage für 2017 ein »Erkenntnisproblem« in der Flughafen-Geschäftsführung ausgemacht.
Der Neue im Amt betritt ein Minenfeld. Allein, dass nun alle »noch ausstehenden Arbeiten zügig und termingerecht umgesetzt werden« sollen, wirkt am BER grotesk. »Notwendig dafür ist auch, dass die schwierige Konstellation mit den verantwortlichen Unternehmen und den Sachverständigen gelöst wird. Außerdem müssen die Voraussetzungen für eine planmäßige und verlässliche technische Inbetriebnahme geschaffen werden«, teilte die FBB weiter mit. Sachverstand und auch die nötige Leidensfähigkeit wird der 56-jährige Christoph Bretschneider wohl mitbringen: vor der Geschäftsführung der DB ProjektBau GmbH leitete er für Siemens komplexe Großprojekte in China, beim Bau des Transrapid in Shanghai sowie bei der Inbetriebnahme der Leit- und Sicherheitstechnik der Metro in Guangzhou.
Der Flughafen betonte, der Wechsel in der Bauorganisation sei eine Entscheidung, die allein in den operativen Bereich der Geschäftsführung falle. Diese habe am Mittwoch den Aufsichtsrat darüber informiert. Das Echo der Politik in Berlin und Brandenburg auf den Personalwechsel fiel höchst unterschiedlich aus.
In seiner Funktion als Aufsichtsratschef erhöhte Michael Müller den Druck auf Geschäftsführer Karsten Mühlenfeld, indem er erklärte: »Jetzt muss sich die Geschäftsführung daran messen lassen, dass der BER sicher und im Kostenrahmen in 2018 eröffnet wird.« Die Geschäftsführung stehe in der Verantwortung, dass die personellen Veränderungen die Fertigstellung beschleunigen.
Brandenburgs Staatssekretär Rainer Bretschneider (SPD), nicht mit dem neuen Technikchef verwandt, erklärte: »Es ist in der Verantwortung der Geschäftsführung, alles zu tun, das Projekt BER baldmöglichst erfolgreich an den Start zu bringen. Von daher nehme ich die jetzt getroffene Entscheidung zur Kenntnis.«
Häme kam von der CDU im Abgeordnetenhaus. Fraktionsgeschäftsführer Heiko Melzer warf Müller fehlendes perspektivisches Denken vor. Das regelmäßige Auswechseln hochrangiger Führungspersonen drohe nur, die Bauausführung erneut in Verzug zu bringen. mit dpa
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