Arbeitsfreie Kieler Woche?
Schleswig-Holstein diskutiert über die Einrichtung eines neuen dauerhaften Feiertags
Auch beim Blick auf den Jahreskalender gibt es eine Gerechtigkeitslücke: Jedes Bundesland hat unterschiedlich viele Feiertage - gesetzliche wie religiöse. Auffallend ist, dass der Süden und auch einige ostdeutsche Länder mehr freie Tage feiern als die Nordländer. So kann das natürlich nicht bleiben! Deshalb wird nun in Schleswig-Holstein erwogen, einen weiteren Feiertag einzurichten. Erstmals debattierte der Kieler Landtag in der Vorwoche auf Initiative der Piratenpartei darüber.
Grundsätzlich ließe sich im Kieler Parlament wohl auch eine Mehrheit erzielen, lediglich die CDU sprach ablehnend von einem »Showantrag«; auch die FDP mäkelte an der Idee herum. Nach Willen der Piraten hätte der Vorstoß noch vor dem Urnengang am 7. Mai zu einem Ergebnis führen können. Doch die anderen Parteien möchten sich etwas mehr Zeit lassen, um genau auszuloten, welchen Tag man mit welcher Begründung ins Auge fassen könne.
Dass der Reformationstag in diesem Jahr bundesweit Feiertag ist, führt in Bremen zu Kontroversen: Soll das in Zukunft so bleiben? Über einen weiteren Feiertag gibt es in der Hansestadt kaum Dissens, aber über das Datum und den Anlass.
Die Bremer CDU pocht auf den Reformationstag mit Hinweis auf die »christlich-jüdische« Vergangenheit. In der SPD gibt es hingegen Differenzen. Ein Teil will keinen weiteren religiösen Feiertag, der ist für einen dauerhaft gefeierten Reformationstag. Zu letzterer Gruppe gehört Ex-Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD), der offizieller »Reformationsbotschafter« der bremischen Evangelischen Kirche ist.
Kristina Vogt, Vorsitzende der Bremer Linksfraktion, sieht hingegen geeignetere Anlässe und schlägt den Internationalen Frauentag vor.
Aus der Bevölkerung kommen lokalspezifische Vorschläge: So lasse sich etwa am 10. August die Gewährung des Großen Marktrechts durch Kaiser Otto I. anno 965 begehen, die für die Geschichte der Stadt in der Tat große Bedeutung besitzt. Der 31. August ist im Rennen in Erinnerung an die Zuteilung des »Linzer Diploms« im Jahr 1186 als Ursprung der Stadtfreiheit. Andere favorisieren den 12. Oktober: An diesem Tag stimmte 1947 die Bevölkerung der Bremer Landesverfassung zu. Alice Bachmann
Zu dieser Frage haben sich die Piraten und auch der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) - die Vertretung der dänischen Minderheit, die derzeit mit SPD und Grünen im Land regiert - bereits festgelegt: Ein weltlicher Feiertag soll es sein. Der SSW schlägt den 13. Dezember als »Tag der Landesverfassung« vor. Die Piraten hingegen plädieren für den 23. Mai und damit für den »Tag des Grundgesetzes«, weil es das Beste sei, was den Menschen in diesem Land am besagten Tag 1949 beschert worden sei, so der Landesvorsitzende Wolfgang Dudda. Die Piraten könnten sich aber auch vorstellen, dem SSW-Vorschlag zu folgen.
Die evangelische Kirche hätte indes gewiss nichts dagegen, einen Vorschlag des Nord-DGB umzusetzen. Der will den Reformationstag am 31. Oktober, der dieses Jahr wegen des runden Jubiläums einmalig im ganzen Bundesgebiet arbeitsfrei ist, auf Dauer als Feiertag beibehalten. Alternativ sei auch der seit 1995 nicht mehr arbeitsfreie »Buß- und Bettag« denkbar. Der war 1995 in allen Ländern außer Sachsen als arbeitsfreier Tag gestrichen worden, um den Unternehmerbeitrag zur Pflegeversicherung durch Mehrarbeit auszugleichen. In Schleswig-Holstein scheiterte 1997 ein Volksentscheid zur Wiedereinführung an zu geringer Beteiligung. Innenminister Stefan Studt (SPD) rät nun zu einer Diskussion ohne Zeitdruck. Der Antrag wurde einstweilen im Innen- und Rechtsausschuss versenkt.
Derzeit hat Schleswig-Holstein neun Feiertage, Baden-Württemberg 14, Bayern zwölf. Wohl auch deshalb meinten die Grünen ein wenig augenzwinkernd, dass Schleswig-Holstein nicht nur ein weiterer Feiertag zustehen würde, sondern eigentlich die gesamte »Kieler Woche« im Juni.
Das wäre in der Tat die große Lösung. Mit fünf weiteren arbeitsfreien Tagen könnte man im Handstreich zu den faulen Schwaben aufschließen.
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