Wenn der Bus stets zweimal kommt

Im thüringischen Gotha werden Nahverkehrslinien wegen eines Streits doppelt bedient

  • Annett Gehler, Gotha
  • Lesedauer: 3 Min.

Es mutet wie ein Schildbürgerstreich an: Seit Wochen fährt im thüringischen Gotha neben den Bussen für die Regionale Verkehrsgemeinschaft Gotha (RVG) auch ein privater Unternehmer - und zwar genau dieselben Strecken zur selben Zeit. So rollt nun schon seit Jahresbeginn auf 13 der insgesamt 41 RVG-Linien ein Bus hinter dem anderen. Eine Posse, über die längst nicht nur die Gothaer ungläubig den Kopf schütteln. Doch der Hintergrund für den doppelten Busverkehr ist ernst. Denn es geht um viel - um sehr viel Geld. Bis Ende 2016 befuhr Wolfgang Steinbrück noch als privater Subunternehmer für die RVG Linien im regionalen Nahverkehr. Doch dann kam es wegen der Vergütung zum Zerwürfnis. Steinbrück habe mehr Geld gefordert, die RVG könne nicht unbegrenzt nachschießen und habe daher entsprechende Zahlungen abgelehnt, erklärt RVG-Geschäftsführer Uwe Szpöt. Also kündigte die RVG die Verträge mit Steinbrück und heuerte für die Linien andere Unternehmer an. »Ich habe einen Vertrag mit dem Landkreis und muss daher die Linien bedienen«, erklärt Szpöt.

»Es geht um das Maß der Subventionierung im öffentlichen Nahverkehr«, meint auch der Sprecher des Gothaer Landratsamtes, Adrian Weber. Der Landkreis ist Mehrheitsgesellschafter der RVG. Doch Busunternehmer Steinbrück pocht auf seine Verträge. »Die Kündigung ist nicht rechtskräftig, meine Verträge laufen bis 2019«, sagt Steinbrück, der zugleich Vorsitzender des Mitteldeutschen Omnibusverbandes ist. »Ich fahre also weiter.«

So bleibt es vorerst bei den Doppelfahrten, aber wer bezahlt die eigentlich? »Der Busunternehmer Steinbrück fährt auf eigene Rechnung«, stellt Landratsamt-Pressesprecher Weber klar. Die RVG zahlt für die von ihr beauftragten Unternehmen. Wie hoch die Fahrgeldeinnahmen sind, die der RVG durch den doppelten Busverkehr entgehen, darüber schweigt RVG-Geschäftsführer Szpöt mit Verweis auf »geschäftsinterne Vorgänge«.

Steinbrück sagt, er verwaltet die eingenommenen Fahrgelder treuhänderisch. Ein Ende des Busstreits ist derzeit nicht absehbar. »Das ist Steuerverschwendung vom allerfeinsten«, schimpft Steinbrück. Pressesprecher Weber ist überzeugt: »Eine Lösung wird vor Gericht gefunden werden.« Denn inzwischen beschäftigt die Sache gleich in mehreren Verfahren die Gerichtsbarkeit.

Dabei geht es unter anderem um die Herausgabe von Kassentechnik in den Steinbrück-Bussen und um einen Millionenbetrag, den Steinbrück von der RVG für die Jahre 2014 und 2015 verlangt. Das Landgericht Erfurt will am 10. März über monatliche Abschlagszahlungen in Höhe von mehr als einer halben Million Euro für Dezember 2016 und Januar 2017 entscheiden, die Steinbrück von der RVG fordert. Sowohl Steinbrück als auch Szpöt haben mittlerweile Medienberater an ihrer Seite. dpa/nd

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