Ex-NPD-Funktionärin Jasmin Apfel verlässt rechte Szene

Bekannte Nazi-Aktivistin und frühere Lebensgefährtin des Ex-NPD-Chefs will mit ihrer Vergangenheit brechen

  • Robert D. Meyer
  • Lesedauer: 4 Min.

Für viele Jahre waren Jasmin und Holger Apfel das Vorzeigepaar der rechtsradikalen Szene. Er ist Anfang der 2000er Jahre das neue Gesicht der NPD, zieht mit den Neonazis zwei Mal in den sächsischen Landtag ein, wird 2011 sogar Nachfolger des gescheiterten Bundesvorsitzenden Udo Voigt, bis es 2013 zum plötzlichen Bruch mit der Partei kommt. Über die Hintergründe für den Rückzug gibt es bis heute Unklarheiten. Im Rausch soll es zwischen dem NPD-Chef und einem jüngeren Kameraden zum sexuellen Kontakt gekommen sein. Apfel bestreitet dies, verteidigt sich mit der Begründung, wegen des Alkohols keine Erinnerungen mehr zu besitzen.

Auch das Privatleben der Apfels erweist sich als turbulent. Im Sommer 2012 trennt sich das rechte Vorzeigepaar. Jasmin Apfel gibt zwischenzeitlich nicht nur ihrem Ehemann den Laufpass, sondern kehrt auch der NPD den Rücken. Bei den Rechtsradikalen war sie zu einer der führenden weiblichen Vertreterinnen aufgestiegen, neben der Rolle als fürsorgliche Mutter am Herd war sie Gründungs- sowie Vorstandsmitglied in der NPD-Organisation »Ring Nationaler Frauen«. Holger Apfel warb im Internet stolz mit seiner Frau, band sie und die gesamte Familie in die NPD-Wahlkämpfe ein. Nach der Trennung erklärte er, seine Ex-Frau wolle mit dem Bruch »leichter einen Neuanfang realisieren«.

Ob Jasmin Apfel schon damals tatsächlich nicht nur ihren Lebensgefährten, sondern auch die rechtsradikale Szene verlassen wollte, ist unklar. Das Ehepaar findet allerdings wieder zusammen, bevor Holger Apfel aus der NPD-Führung und Partei gedrängt wird und die beiden im Frühjahr 2014 auf Mallorca ein Restaurant mit dem Namen »Maravillas Stube - Restaurant bei Jasmin & Holger« eröffnen. Er erklärt damals indirekt, mit der Szene gebrochen zu haben. Zumindest sagt der Geschäftsmann Apfel, in seinem Lokal seien »Linke und Menschen anderer Nationalitäten« ausdrücklich willkommen. Und: »Ich bin fertig mit der Politik.«

Doch kann jemand, der bereits mit 18 Jahren in die NPD eintrat, ohne weiteres mit seiner rechten Ideologie brechen?

Die Frage muss sich auch Jasmin Apfel gefallen lassen. Am Dienstag berichtete die »Leipziger Volkszeitung«, die frühere Nazi-Frontfrau habe der rechtsradikalen Szene endgültig den Rücken gekehrt und nehme jetzt an einem Aussteigerprogramm des Landes Sachsen teil. Im Freistaat ist man für die 33-Jährige zuständig, weil es Jasmin Apfel nicht lange auf Mallorca aushielt und bereits seit Dezember 2014 mit den vier Kindern wieder im sächsischen Riesa lebt. »Ich bin auf einem guten Weg, einen Schlussstrich unter meine Vergangenheit ziehen zu können«, sagt sie.

Dass sie ihren Bruch mit der rechten Szene so öffentlich verkündet, verwundert ein wenig, denn das Aussteigerprogramm des sächsischen Innenministeriums (SMI) setzt eigentlich auf möglichst umfassende Verschwiegenheit, wie aus einer Anfrage der LINKEN-Politikerin Juliane Nagel aus dem vergangenen Jahr hervorgeht. Darin heißt es unter anderem, dass selbst die Vereine, mit denen das SMI für das Programm zusammenarbeitet, öffentlich nicht genannt werden sollen, da sonst die »erfolgreiche Arbeit des Aussteigerprogramms Sachsen« gefährdet sei.

Wie erfolgreich das seit 2011 existierende Programm tatsächlich ist, daran kann gezweifelt werden. Nach Angaben des SMI habe es bis Ende 2016 insgesamt 65 Anfragen von Neonazis oder deren Angehörigen gegeben, 31 Rechtsradikale wurden begleitet, doch nur vier Personen sind in der Statistik unter dem Stichwort »erfolgreiche Beratungsabschlüsse« vermerkt.

Ob Jasmin Apfel künftig dazuzählt? »Wir haben eine Palette von Indikatoren, um zu prüfen, ob es jemand ernst meint. An Jasmin glauben wir ganz fest. Garantien gibt es aber nie«, erklärt der Ausstiegsbetreuer von Jasmin Apfel gegenüber der »LVZ«.

Im Gegensatz zu anderen Ausstiegswilligen hat sich die frühere NPD-Kameradin nicht gänzlich aus ihrem Umfeld gelöst und wohnt weiterhin im sächsischen Riesa, wo nicht nur zahlreiche frühere Kameraden leben, sondern auch das Parteiorgan »Deutsche Stimme« seinen Sitz hat. Eine Hochburg der Rechtsradikalen ausgerechnet da, wo Jasmin Apfel sich als ausstiegswillig präsentiert. Nach eigenen Angaben meint sie es Ernst, erzählt davon, dass sie mit ihren syrischen Nachbarn Kaffee trinke und diesem Deutsch beibringe.

Auch beteuert sie heute, Holger Apfel sei der größte Irrtum ihres Lebens gewesen und stellt die Vermutung in den Raum, ihr Noch-Ehemann sei noch immer ein Rechtsradikaler. »Ich will nichts mehr mit ihm und seiner Gesinnung, die sich wahrscheinlich nie wandeln wird, zu tun haben«, sagt sie und behauptet: »Ich habe mich für meinen Teil mit der Ideologie auseinandergesetzt.«

Ob das auch für Holger Apfel gilt, darüber könnte ein Buch Auskunft geben, in dem der Ex-NPD-Chef mit seiner einstigen Partei abrechnen will. Gilt das auch für sein rechtsradikales Gedankengut?

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