Berlin wünscht sich Sammellager in Ägypten
Flüchtlinge im Mittelpunkt von Merkels Ägypten-Besuch / Opposition protestiert / Wirtschaft wiegelt ab
Das deutsch-ägyptische Verhältnis ist belastet. Der Kairoer Staatspräsident Abdel Fattah al-Sisi hat vor vier Jahren als Chef des ägyptischen Militärrates das einzige frei gewählte Staatsoberhaupt der ägyptischen Geschichte weggeputscht und zum Tode verurteilt. Vorhaltungen, gar Proteste aus Berlin hat es deshalb nicht gegeben. Dennoch hatten deutsche Organisationen Repressionen zu erleiden - selbst die CDU-nahe Konrad-Adenauer-Stiftung. Diese soll nun wieder zugelassen werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel ging es nach eigener Aussage aber um Wichtigeres. Ägypten sollte dafür gewonnen werden, Flüchtlinge aus anderen Staaten auf seinem Territorium von der Überfahrt übers Mittelmeer abzuhalten und sie nach Möglichkeit in Sammellagern zu konzentrieren. Aus dem Umfeld Merkels wurde mitgeteilt, es gehe auch um die Rückführung von Flüchtlingen, Finanzhilfen für deren bessere Lebensbedingungen in Ägypten, den Kampf gegen Schleuser, die Unterstützung für den Aufbau eines eigenen Asylsystems und Zusammenarbeit beim Grenzschutz.
Im Wesentlichen sind diese deutschen Vorstellungen ähnlich denen, die im Flüchtlings-Deal mit der Türkei gelten. Für besonders realistisch werden sie nicht erachtet, selbst wenn ihnen von ägyptischer Seite nicht direkt widersprochen wurde. Vor allem die deutsche Wirtschaft, die in der Delegation nach Kairo gut vertreten war, möchte jedoch bei der Verteilung ägyptischer Großaufträge nicht zu kurz kommen und macht sich für jegliche Art von »Kooperation« in der Flüchtlingsfrage stark. Man scheut sich auch nicht vor überschwänglichem Lob. Sisi wolle sein Land wirtschaftlich voranbringen und unterstütze Investoren, wirbt der Generalsekretär des Wirtschaftsrates, Wolfgang Steiger, gegenüber dpa für eine Politik, jegliche Kritik an der ägyptischen Führung zu unterlassen. Sisi stehe für Stabilität in dem großen Chaos in der Region von Libyen bis Syrien, so Steiger.
Das sieht die deutsche Opposition gänzlich anders. Die vermeintliche Stabilität des Landes gründet sich nach Einschätzung der Grünen-Bundestagsabgeordneten Franziska Brantner auf die Unterdrückung der Bürger durch die Regierung. Sisi könne nicht der Partner sein für ein Rücknahmeabkommen für Flüchtlinge. Heike Hänsel (LINKE), Mitglied der deutsch-ägyptischen Parlamentariergruppe, spricht sich dagegen aus, den »Erdogan-Deal« als Blaupause für weitere Flüchtlingsabkommen nun in Ägypten anzuwenden.
Dagegen steht, dass die EU-Kommission am Donnerstag in Brüssel mehr und schnellere Abschiebungen von den Mitgliedstaaten der EU verlangte. Der griechische Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos stellte einen Aktionsplan vor, »um die Rückkehrquoten wesentlich zu erhöhen«.
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