Mehr Glanz als Güte

Goldene Kamera & Co.

  • Jan Freitag
  • Lesedauer: 3 Min.

Am 2. Februar roch es in Düsseldorf mal wieder nach Diätenerhöhung. Neun Jahre, nachdem Marcel Reich-Ranicki den Deutschen Fernsehpreis als »Blödsinn« abgelehnt hatte, zeichneten ARD/ZDF/RTL/Sat1 zum 18. Mal das vermeintlich beste Programm der Vorsaison aus, also ein bisschen sich selbst. Die elfköpfige Jury war zwar unabhängig, keinesfalls willkürlich und mangels Liveübertragung auch nicht den Zwängen roter Teppiche ausgesetzt. Da mit der Goldenen Kamera an diesem Sonnabend ein künstlerisch vollends belangloses Objekt zum Materialpreis von 625 Euro verliehen wird, lohnt sich allerdings mal ein kritischer Blick aufs Trophäengewerbe einer Branche, deren Transparenz bisweilen an jene von Politbüros erinnert.

Womit wir beim Bambi wären. Seit 1948 wird der älteste Filmpreis unter einer Handvoll gleichartiger Auszeichnungen wie Goldener Gong oder MIRA von Burda in München verliehen. Geleitet von »Bunte«-Bossin Patricia Riekel, befindet die Jury aus Verlagsangestellten nebst »Feuilletonisten« wie Peter Maffay und Eva Padberg über rund zwanzig Preisträger von Popstar bis TV-Ereignis, was Sieger wie Florian Silbereisen, Francis Fulton-Smith und jeden Hollywoodstar hervorgebracht hat, der am Tag der Verleihung nichts besseres vorhat. Wenn es darum geht, hauseigene Blätter mit Fotostrecken der Gala zu füllen, schlägt das Kitz die Konkurrenz im Kampf um den Titel greller Irrelevanz schon wegen seiner Herkunft aus der Bauchhöhle des Boulevards.

Die Goldene Kamera hingegen wird zwar an Elbe statt Isar verliehen; doch auch im nüchternen Hamburg prämiert das Star-Quartett Makatschmöhringkebekuskerner an diesem Samstag live im ZDF im Kreise von vier »Hörzu«-Offiziellen eher Glanz als Güte. Moderiert von Steven Gätjen, mischt sich daher wie üblich etwas Hollywood unters Heimpersonal, das schon mal Ulla Kock am Brink heißt. Diesmal hat Colin Farrell Zeit, um sich den Preis als »Bester Schauspieler international« abzuholen, wofür weniger sein Blockbuster »Phantastische Tierwesen«, mehr ein Platz im Terminplan verantwortlich ist.

Carmen Nebel oder Wolfgang Stumph lauten indes die Serien-Empfänger der Goldenen Henne. Weil über deren Vergabe die Zielgruppe von MDR und RBB abstimmt, nennt sie die zuständige »SUPERillu« den »größten und ehrlichsten Publikumspreis«. Da überrascht es wenig, dass er 2012 dem »Tatort« Münster zuteil wurde, während andernorts fast überall das Meisterwerk »Homevideo« gewann. Auch beim Grimme-Institut, versteht sich. Abgesehen vom Bayerischen Fernsehpreis ist die Jury nirgends so erlesen, fachkundig, objektiv. Zuletzt wurde in Marl zwar auch Kommerz à la »Galileo« gewürdigt; doch am 31. März steht der stilisierte Röhrenbildschirm wie gewohnt für Grenzbereiche mit Strahlkraft.

Davon zeugte 1964 schon der erste Grimme-Preis für die frühe Schuldaufarbeitung »Der SS-Staat«, ganz zu schweigen von zehn Titeln für Dominik Graf. Ein fordernder, gefeierter Regisseur. Die Goldene Kamera fehlt ihm bislang. Das Serienmeisterstück »Im Angesicht des Verbrechens« bekam 2011 aber immerhin eine Nominierung - für Max Riemelt, hübscher Junge. Wie Collin Farrell.

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