Ein skurriler Termin für den IT-Chef

Thüringens Verwaltung tickt zumeist noch immer analog

  • Sebastian Haak
  • Lesedauer: 3 Min.

Thüringens Finanzstaatssekretär Hartmut Schubert ist nicht nur der Amtschef jenes Ministeriums der rot-rot-grünen Landesregierung, dass das Geld eintreiben und zusammenhalten soll. Der 57-Jährige ist auch der oberste IT-Beauftragte des Landes und damit verantwortlich dafür, dass die Verwaltung im Freistaat endlich deutlich digitaler wird als bislang. Für den Bürger heißt das: Behördengänge online erledigen, sich digital ausweisen, Gebühren über das Internet statt bar bezahlen können. »Da sind wir eigentlich Entwicklungsland, will ich mal sagen«, meint Schubert.

Allerdings ist offenbar nicht jedem Staatsdiener im Land diese Doppelrolle Schubert klar. Andernfalls könnte der kaum die skurrile Geschichte erzählen, die viel darüber sagt, wie nicht wenige Angestellte des öffentlichen Dienstes und Beamte im Freistaat auf die digitale Welt schauen, in die Schubert sie führen will.

Die Geschichte beginnt damit, dass Schubert vor einiger Zeit einen neuen Personalausweis beantragen musste. Wie jeder andere Bürger in regelmäßigen Abständen auch. Wobei sich auch Schubert entscheiden konnte: Will er für das Dokument die Online-Ausweisfunktion freischalten lassen? Damit kann die Identität des Ausweisinhabers im Internet und auch an sogenannten Bürgerterminals zweifelsfrei nachgewiesen werden. Oder soll diese Zusatzfunktion des Personalausweises nicht aktiviert werden?

Die Empfehlung des Staatsdieners, mit dem Schubert damals zu tun hatte - so sagt der Staatssekretär selbst - sei eindeutig gewesen: Lassen Sie das nicht freischalten! Und: »Was wollen Sie denn damit? Sie können das ohnehin nicht nutzen und am Ende sind Ihre Daten nur irgendwo abrufbar.«

»Da muss es ein ganz großes Umdenken in der Verwaltung geben«, sagt Schubert. Immerhin werde der Personalausweis mit seiner Online-Funktion ein zentrales Element bei allem sein, was in den nächsten Jahren mit der digitalisierten Verwaltung zu tun habe. Diese Digitalisierung werde »eine größere Umwälzung für die öffentlich-rechtliche Verwaltung sein als eine Gebietsreform«.

Es ist zwar skurril, dass ausgerechnet dem obersten IT-Beauftragten des Freistaats derartiges passiert ist. Doch allen, die sich mit der Digitalisierung in der Verwaltung beschäftigen, ist klar, dass in dieser Angelegenheit nicht so sehr Kostenfragen im Wege stehen. Sondern vielerorts sind es Verwaltungsmitarbeiter, die ihr Leben lang mit Papierakten und persönlichen Bürgerkontakten gearbeitet haben - und die kaum bereit sind, dies zu ändern. Freilich gibt es nahezu in allen Thüringer Behörden inzwischen einen oder zwei digital-enthusiastische Staatsdiener. Doch die Mehrzahl von ihnen tickt eher analog.

Gerade auch in der Thüringer Justiz merken das all jene, die dort versuchen, die elektronische Justiz-Akte einzuführen. Auf den Fluren des Justizministeriums des Landes wird deshalb schon gemunkelt, nicht alle der heutigen Staatsanwälte und Richter seien überhaupt willens, diesen Umbruch mitzumachen. Weil es aus ihrer Sicht doch bisher auch analog ging.

Die Tatsache, dass derzeit relativ viele - wenn auch aus Sicht von Kritikern noch immer zu wenige - junge Juristen in den Thüringer Staatsdienst eingestellt werden, wird deshalb als wichtiger Faktor gesehen, um die Digitalisierung in der Justiz voranzutreiben. Die Jungen immerhin hätten deutlich weniger Angst vor dem Digitalen als die Älteren.

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