Verfassungsgericht sagt Ja zu Parks Amtsenthebung
Nach Bestätigung eines entsprechendes Parlamentsvotums steht Südkorea vor Präsidentschaftsneuwahlen
Als die Verfassungsrichter ihre Entscheidung verkündeten, herrschten chaotische Zustände in der Innenstadt von Seoul. Tausende Demonstranten waren auf den Straßen - sowohl Kritiker der Präsidentin als auch ihre Anhänger. Rund 21 000 Polizisten waren im Einsatz, um Zusammenstöße zu verhindern. Lokalen Medienberichten zufolge kamen dennoch mindestens zwei Demonstranten ums Leben. Auch das Militär wurde in erhöhte Alarmbereitschaft versetzt, aus Sorge, dass Nordkorea das politische Chaos im Süden für militärische Provokationen nutzen könnte. Durch den Urteilsspruch des Verfassungsgerichts verliert Park nicht nur ihr Amt, sondern auch ihre präsidiale Immunität und kann nun strafrechtlich verfolgt werden. Innerhalb von 60 Tagen müssen Präsidentschaftswahlen angesetzt werden.
Im vergangenen Herbst begannen Medien zu mutmaßen, die 65-jährige Präsidentin habe ihrer langjährigen Freundin Choi Soon Sil, die kein politisches Amt inne hat, Staatsgeheimnisse verraten. Seither herrscht politischer Ausnahmezustand in der ostasiatischen Wirtschaftsmacht. Später wurde Park auch verdächtigt, ihre präsidiale Macht genutzt zu haben, um Unternehmen zu nötigen, an zwei von Choi geführte Non-Profit-Organisationen zu spenden. Inzwischen gehen regelmäßig zum Teil Zehntausende Menschen auf die Straße, um Parks Rücktritt zu fordern. Choi soll sich persönlich bereichert haben. Im Dezember hatte das Parlament dann ein Amtsenthebungsverfahren eingeleitet - auch mit Stimmen aus Parks eigener Partei. Seither war sie von ihren Amtspflichten suspendiert; Ministerpräsident Hwang Kyo-ahn übernahm die Amtsführung kommissarisch.
Damit die Entscheidung rechtskräftig wird, musste sie das Verfassungsgericht bestätigen. Am Freitag urteilten die Richter, Park habe gegen geltendes Recht verstoßen, indem sie Choi erlaubt habe, Einblick in Regierungsdokumente und Einfluss auf die Staatsgeschäfte zu nehmen. Es war das zweite Mal, dass die Richter über die Amtsenthebung eines Präsidenten urteilen mussten. 2004 hatte das Gericht die des damaligen Präsidenten Roh Moo-hyun rückgängig gemacht.
Park, auch erste Frau im höchsten Staatsamt, ist so die erste demokratisch gewählte Präsidentin Südkoreas, die ihr Amt vorzeitig räumen muss. Die Tochter des umstrittenen Ex-Diktators Park Chung Hee, dem neben brutalen Herrschaftsmethoden auch die Industrialisierung und Demokratisierung des Landes zugeschrieben wird, hat sich mehrfach für den Skandal entschuldigt. Sie bestritt jedoch bis zuletzt, sich strafbar gemacht zu haben. Ihre Freundin und der De-facto-Chef des größten südkoreanischen Industriekonglomerats Samsung stehen derzeit wegen der Korruptionsaffäre vor Gericht. Lee Jae-yong wird beschuldigt, Chois Organisationen mit Spenden in Millionenhöhe finanziert zu haben. Im Gegenzug soll er auf die Unterstützung der Regierung bei der Restrukturierung der Unternehmensgruppe gesetzt haben. Sie sollte seine Machtbasis stärken.
Seit Jahren kritisieren vor allem westliche Beobachter die allzu engen Verbindungen zwischen Politikern und den mächtigen Konzernen, die den Löwenanteil der Wirtschaftsleistung Südkoreas erbringen. Park war ursprünglich mit dem Versprechen angetreten, die Wirtschaft zu demokratisieren. Kommentar Seite 2
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.