Neue Töne im Weißen Haus
Erstes Treffen zwischen Trump und Merkel
Er ist ihr dritter US-Präsident und trotz George W. Bush: Vieles spricht dafür, dass Donald Trump der bislang schwierigste Partner für Angela Merkel im Weißen Haus sein wird. Zwischen beiden liegen Welten, politisch, intellektuell, charakterlich. Hinzu kommt, dass der impulsive, polternde Immobilienmilliardär und Twitterkönig im Wahlkampf kein gutes Haar an der Bundeskanzlerin gelassen hat. Sein Kommentar, als sie vom »Time«-Magazin zur »Persönlichkeit des Jahres« 2015 gekürt wurde: »Ich glaube, sie haben die Person ausgewählt, die Deutschland wirklich enormen Schaden zugefügt hat.«
Vor allem Merkels »wahnsinnige« Flüchtlingspolitik war für den Rechtspopulisten ein »totales Desaster«. Die haltlose Zuwanderung habe die Kriminalität »auf ein Niveau steigen lassen, das niemand je erwartet hatte«. Ihr »äußerst katastrophaler Fehler« habe den Terroranschlag auf dem Berliner Weihnachtsmarkt überhaupt erst möglich gemacht. Und auch nach seinem Amtsantritt musste Deutschland als warnendes Beispiel für eine verheerende Politik herhalten, die die Grenzen für »radikale islamische Terroristen« öffnet. Selbst einen Aufstand gegen die deutsche Regierungschefin hat Trump prognostiziert.
Merkel ist immer noch nicht gestürzt, und auch der Ton im Weißen Haus hat sich geändert - obwohl die Kanzlerin, die während des US-Wahlkampfs so eisern zu Trumps politischen Entgleisungen schwieg, ihn nun auch öffentlich kritisiert. Etwa für das pauschale Einreiseverbot gegen Bürger diverser muslimischer Staaten und Flüchtlinge: Auch der Kampf gegen den Terrorismus rechtfertige es nicht, »Menschen einer bestimmten Herkunft oder eines bestimmten Glaubens unter Generalverdacht zu stellen«. Nun will sie die Interessen und Gemeinsamkeiten zwischen beiden Ländern »identifizieren«. Und in Washington erwartet man offiziell eine »herzliche und sehr positive Begegnung«. Schließlich sei Deutschland »einer der wichtigsten Verbündeten«.
Ja, sogar lernen wolle man von Merkel. So könne der Präsident von ihren Erfahrungen im Umgang mit dem russischen Staatschef Wladimir Putin profitieren, da sei er »lebhaft« an der Expertise der Kanzlerin interessiert, ließ ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter wissen. Trump will zwar die Beziehungen zu Moskau verbessern, steht aber wegen fragwürdiger Kontakte seines Teams nach Russland unter Druck. Auch an einem Erfahrungsaustausch zur Lösung des Ukraine-Konflikts durch die Umsetzung des Minsker Abkommens sei das Weiße Haus stark interessiert.
Allerdings gibt es ein grundsätzliches Problem: Der außenpolitische Kurs der neuen US-Regierung gewinnt nur mühsam an Konturen. Sagt der Präsident und Oberkommandierende heute hü, kann morgen ein hott folgen. Und fast immer müssen führende Köpfe der Washingtoner Außen- und Sicherheitspolitik Trumps Äußerungen anschließend relativieren oder zurechtrücken, wenn er etwa die NATO als »obsolet« erklärt oder den Brexit feiert. Auch wenn inzwischen klar scheint, dass die Vereinigten Staaten weiter zum Nordatlantik-Pakt stehen, die Verbündeten sollen auf jeden Fall mehr zahlen.
Die Bundesregierung hat denn auch pünktlich zum Merkel-Besuch bekannt gegeben, dass man die Verteidigungsausgaben in den nächsten fünf Jahren um weitere 8,3 Milliarden Euro erhöhen wolle - ein Plus von durchschnittlich vier Prozent pro Jahr. Vom beschlossenen NATO-Ziel bleibt Deutschland damit aber trotzdem weit entfernt. Dafür wären jährlich fast zehn Prozent Mehrausgaben für die Bundeswehr notwendig.
Ein anderes wichtiges Thema in Washington dürfte Trumps Handelspolitik sein. Er kündigte bereits das Transpazifische Freihandelsabkommen TPP auf, stellt den NAFTA-Handelspakt mit Mexiko und Kanada infrage, will die Verhandlungen über das transatlantische Handelsabkommen TTIP auf Eis legen und droht z.B. deutschen Autobauern mit massiven Strafzöllen - obwohl sich die USA wie alle WTO-Mitglieder auf einen Zoll für Pkw von 2,5 Prozent verpflichtet haben. Allerdings berichtete die »Financial Times« gerade, dass im Weißen Haus ein offener Krieg um die Handelspolitik ausgebrochen sei. Und der Washingtoner Think Tank CSIS wies den US-Präsidenten auf die internationale Verflechtung Deutschlands hin: »Alle Straßen führen nach Berlin.« Doch Trump ist vor allem der große Leistungsbilanzüberschuss der Bundesrepublik ein Dorn im Auge.
Sein Wirtschaftsberater Peter Navarro warf Berlin vor, die USA und EU-Partner durch einen schwachen Euro »auszubeuten«. Dabei seien deutsche Produkte in den USA »ja eher teurer«, wie der USA-Koordinator der Bundesregierung, Jürgen Hardt, betont. Nicht ohne Grund reist die Kanzlerin mit einer starken Wirtschaftsdelegation an. Die Vorstandschefs von Siemens und BMW sollen helfen, »mit dem ehemaligen Unternehmer Trump eine gute Gesprächsatmosphäre zu schaffen«, heißt es in Berlin. Trump plant die Einführung einer Grenzausgleichsteuer, die Importe in die USA steuerlich benachteiligt, US-Ausfuhren hingegen entlastet. Merkel hat ihn bereits wiederholt vor Abschottung im Welthandel gewarnt und will die Gefahren durch Protektionismus zu einem Kernthema der aktuellen deutschen G20-Präsidentschaft machen. In diesem Rahmen hat Trump auch schon seinen ersten präsidialen Besuch im Land seiner Vorfahren zugesagt - beim Gipfel im Juli in Hamburg.
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