Senat will Charité-Tochter kaufen
Die Facility Management GmbH (CFM) soll aber nicht aufgelöst werden
Der Senat macht ernst bei der Charité-Tochter Facility Management GmbH (CFM) und kündigt den Rückkauf jener Firmenanteile an, die einem Privatkonsortium aus Dussmann, Vamed und Hellmann gehören. Bisher gehört die CFM zu 49 Prozent dem Privatkonsortium und zu 51 Prozent der Charité. Künftig soll die wegen Niedriglöhnen in der Kritik stehende Tochter wieder zu 100 Prozent in den Besitz der Charité und damit des Landes Berlin übergehen.
Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) sagt auf Nachfrage, man sei »in intensiven Beratungen mit allen Beteiligten«. Eine grundsätzliche Lösung werde, so Krach, bis zum Sommer angestrebt. »Wir wollen ein Ergebnis, das insbesondere Verbesserungen für die Beschäftigten der CFM zur Folge hat. Wir werden die Vorgaben der Richtlinien der Regierungspolitik umsetzen.« Das bedeute, dass die CFM in dieser Wahlperiode mit der Beendigung des jetzigen Vertrages vollständig in öffentliches Eigentum der Charité überführt werde.
Die CFM wurde 2006 gegründet, hat mehr als 2000 Mitarbeiter und erbringt alle nicht-ärztlichen und nicht-pflegerischen Tätigkeiten an der Charité. Bis heute haben die Beschäftigten keinen Tarifvertrag. Sie verdienen erheblich weniger als Kollegen, die nach dem Charité-Haustarif bezahlt werden, der sich am Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes (TVöD) orientiert.
Gewerkschaftssekretär Kalle Kunkel freut sich über die Pläne. Wenn die CFM zu 100 Prozent in der Hand des Landes sei, erleichtere dies, Veränderungen bei der Bezahlung zu erreichen. Das Ziel von ver.di, höhere Löhne für die Beschäftigten durchzusetzen, sei mit einem Rückkauf aber noch nicht erreicht. Denn Rückkauf bedeutet nicht automatisch eine Rückführung der CFM-Mitarbeiter unter das Dach der Charité. Von einer Auflösung der CFM ist derzeit nicht die Rede, die Tochtergesellschaft soll weiter bestehen bleiben. Dass auch Tochtergesellschaften, die vollständig dem Land gehören, kein Garant für anständige Löhne sind, zeigen die Zustände beim landeseigenen Krankenhausunternehmen Vivantes. Hier wurden in den vergangenen Jahren viele Tätigkeiten in verschiedene Tochterfirmen ausgelagert, die weiterhin zu 100 Prozent Vivantes gehören. In den Töchtern werden Niedriglöhne gezahlt, es herrschen ebenso wie bei der CFM tariflose Zustände.
Ver.di möchte, dass alle Beschäftigten bei Charité und Vivantes nach dem gleichen Tarifvertrag entlohnt werden - und damit das Bestehen der Tochterfirmen überflüssig wird. Von Arbeitgeberseite heißt es, dies würde für die Charité Kosten in Höhe von 28 Millionen Euro jährlich bedeuten. Ver.di bezweifelt die Zahlen und schlägt vor, die Kosten für eine Rückführung in den Mutterkonzern von unabhängigen Gutachtern berechnen zu lassen.
Für die Übernahme in den TVöD wurde in den vergangenen Monaten sowohl bei der CFM als auch bei Vivantes mehrfach gestreikt. Lucy Redler, Mitglied des Parteivorstandes der LINKEN und aktiv im Bündnis »Berlinerinnen und Berliner für mehr Personal im Krankenhaus«, sagt: »Der Rückkauf durch das Land ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung und zeigt, dass der Druck der Beschäftigten wirkt.« Wichtig sei aber, so Redler, eine rasche Angleichung der Löhne.
Wegen der anstehenden Verhandlungen um die Zukunft der CFM erhält zudem eine weitere Auseinandersetzung neue Brisanz. Seit Monaten versucht die CFM-Geschäftsleitung die Bildung eines paritätischen Aufsichtsrates nach dem Mitbestimmungsgesetz zu verhindern. Bereits Anfang des Jahres war die CFM vom Landgericht Berlin dazu verurteilt worden, einen solchen Aufsichtsrat zu bilden. Passiert ist dies aber bis heute nicht.
Das Mitbestimmungsgesetz gilt, wenn in einem Betrieb regelmäßig mehr als 2000 Beschäftigte arbeiten. Die CFM bestritt vor Gericht, dass das der Fall sei - obwohl auf der offiziellen Website des Unternehmens von 2800 Mitarbeitern die Rede ist. Aus ver.di-Sicht handelt es sich um eine Verzögerungstaktik, mit der die Arbeitnehmervertreter aus dem Aufsichtsrat, und damit von wichtigen Informationen, ferngehalten werden sollen. Das Informationsrecht des Aufsichtsrates bezieht sich unter anderem auf die Inhalte der Verträge, die die CFM mit den Eignern geschlossen hat. In den bevorstehenden Verhandlungen um den Rückkauf der CFM ist dieses Wissen Macht.
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