Potsdams Oberbürgermeister tritt nicht wieder an

Jann Jakobs (SPD) erreicht im Herbst 2018 das Rentenalter und hört dann auf

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD) verkündete am Montagabend, er werde bei der Wahl im kommenden Jahr nicht wieder antreten. »Ich halte es für den richtigen Zeitpunkt, diese persönliche Entscheidung jetzt bekanntzugeben«, sagte er. »Die Landeshauptstadt entwickelt sich hervorragend.« Daher könne er guten Gewissens das Amt in andere Hände legen. Die nächsten anderthalb Jahre werde er aber noch mit seiner »ganzen Tatkraft« seine Pflichten erledigen.

Jakobs ist 1953 im ostfriesischen Eilsum geboren, erreicht also 2018 das Rentenalter. Er hatte Soziologie und Politikwissenschaft studiert und arbeitete als Jugendhilfeplaner im Bezirksamt Berlin-Spandau, bevor er 1993 zum Jugendamtsleiter in Potsdam berufen wurde. Im März 1997 wählten ihn die Stadtverordneten zum Beigeordneten für Soziales, Jugend und Gesundheit. Oberbürgermeister wurde Jakobs 2002, nachdem sein Amtsvorgänger Matthias Platzeck (SPD) zum Ministerpräsident aufgestiegen war.

Bei den Oberbürgermeisterwahlen musste Jakobs zwei Mal in die Stichwahl gegen Linksfraktionschef Hans-Jürgen Scharfenberg. 2002 schlug er ihn nur mit einem hauchdünnen Vorsprung von 122 Stimmen, 2010 war der Abstand deutlicher. Scharfenberg ist Jahrgang 1954, also nur ein bisschen jünger als Jakobs. Nimmt der Linksfraktionschef bei der Wahl 2018 einen dritten Anlauf? Offiziell lässt er die Antwort auf diese Frage noch offen. Er werde abwägen, erklärte Scharfenberg am Dienstag.

Er werde die persönliche Entscheidung von Scharfenberg respektieren, sagte der LINKE-Kreisvorsitzende Sascha Krämer. Fest steht dabei: Sogar wenn Krämer es wollte, so könnte er nicht selbst kandidieren. Denn er zieht im Mai mit seiner Frau und seinem kleinen Sohn nach Südafrika und kehrt erst Ende 2018 nach Potsdam zurück. Krämers Frau arbeitet bei der FDP-nahen Friedrich-Naumann-Stiftung und nahm einen Job in Johannesburg an. Sollte Scharfenberg nicht erneut antreten wollen, dann könnten SPD und LINKE gemeinsam nach einem überparteilichen Kandidaten suchen, findet Krämer. »Gern eine Kandidatin«, fügt er hinzu. Denn wie Krämer gelesen hat, bot die FDP derweil schon der CDU und den Grünen an, einen gemeinsamen Kandidaten des bürgerlichen Lagers aufzustellen.

Scharfenberg galt in Potsdam jahrelang als der inoffizielle Ortsteilbürgermeister der Plattenbaugebiete, da er die Interessen ihrer Bewohner engagiert und listenreich vertritt. Sein Kontrahent Jakobs konnte sich andererseits darauf verlassen, in Stichwahlen die Unterstützung jener bürgerlichen und ökoliberalen Kreise zu erhalten, denen die Vorstellung ein Graus war, einen sozialistischen Rathauschefs zu haben, zumal einen mit einem Stasi-Fleck in der Biografie. Dafür hat Jakobs dann in etlichen Fragen beispielsweise der Stadtentwicklung keine originär sozialdemokratische, sondern eine bürgerlich-restaurative Politik verfolgt.

Doch gedrängt von der Linkspartei und beeindruckt vom offenkundigen Bürgerwillen lenkte Oberbürgermeister Jakobs im Einzelfall auch ein. Linksfraktionschef Scharfenberg erinnert an die Entscheidungen, ein neues Schwimmbad am Brauhausberg zu bauen und nicht am Bornstedter Feld sowie nicht weiter zu versuchen, dass Hotel »Mercure« zu beseitigen. »Das ist das Verdienst von Jakobs«, erkennt Scharfenberg an. »Darum ist die Politik in Potsdam unter dem Strich erfolgreich gewesen.« Dass Jakobs nun loslassen kann, nötigt Scharfenberg Respekt ab. Das werde Einfluss auf seine eigene Entscheidung haben, versicherte er.

Derweil wächst die Stadt Potsdam schnell, hat mittlerweile mehr als 171 000 Einwohner. Dabei verändert sich die soziale Zusammensetzung der Bevölkerung rasant. Die alten Reflexe werden künftig immer weniger funktionieren.

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