Europa atmet auf

Politiker zeigen sich erfreut darüber, dass ein Wahlsieg des Islamfeindes Geert Wilders verhindert werden konnte

  • Guido Speckmann
  • Lesedauer: 2 Min.

Die Parlamentswahlen in den Niederlanden galten als Gradmesser für die anstehenden Wahlen in Frankreich und Deutschland. Wird der Rechtpopulismus nach Brexit und Trump auf dem europäischen Festland weitere Siege feiern können? Ab Mittwochabend gehen Erleichterungsseufzer durch Europa - zumindest bei EU-freundlichen und marktliberalen PolitikerInnen.

Bundeskanzlerin Angela Merkel tat ihre Freude ob des Ausgangs der Wahlen kund. Eine hohe Wahlbeteiligung habe zu einem sehr proeuropäischen Ergebnis geführt, sagte die CDU-Vorsitzende am Donnerstag. »Ich glaube, das war ein guter Tag für die Demokratie.«

Der französische Präsident François Hollande wertete den Wahlerfolg des niederländischen Ministerpräsidenten Mark Rutte als »klaren Sieg gegen den Extremismus«. Die Werte der Offenheit, des Respekts gegenüber anderen und des Glaubens an Europa seien die einzige Antwort auf Nationalismus und Abschottung. Ähnlich klang es bei EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker. »Ein Votum für Europa, ein Votum gegen Extremisten«, ließ er mitteilen.

Emmanuel Macron, bald wahrscheinlich Hollandes Nachfolger, sieht die Niederlande-Wahl als Signal, dass ein Erfolg von Rechtsaußen-Parteien nicht unabwendbar ist. »Die Niederlande zeigen uns, dass der Durchbruch der extremen Rechten keine Fatalität ist und dass die europäischen Progressisten stärker werden«, twitterte er am Donnerstag.

Die SPD im Bundestag setzte einen anderen Schwerpunkt. Neben dem Bedauern über das schlechte Abschneiden der Sozialdemokraten übte der Europapolitische Sprecher, Norbert Spinrath, Kritik am Rechtskurs von Premier Rutte. »Es gibt bessere Antworten auf die Herausforderung durch nationalistische und rechtspopulistische Parteien als das - auch nur scheinbare - Aufgreifen ihrer Argumentationsmuster.«

Das Wahlergebnis müsse eine »nachhaltige und solidarisch-europäische Politik zur Folge haben«, forderte die Sprecherin der LINKEN im Europaparlament, Cornelia Ernst. »Sollte sich hingegen die neoliberale Politik in ihrer Abkehr von der Verantwortung für das Allgemeinwohl bestätigt sehen wäre Ruttes Verlust-Sieg lediglich ein Pyrrhussieg«, so Ernst.

Aus der Türkei, mit der sich der niederländische Premier Rutte am Wochenende einen Schlagabtausch über die Auftritte von türkischen Politikern geliefert hatte, kamen erneut schrille Töne. Außenminister Mevlüt Cavusoglu sagte: »Zwischen den Sozialdemokraten und dem Faschisten (Geert) Wilders besteht überhaupt kein Unterschied, alle denken gleich.« Cavusoglu kündigte zudem weitere Schritte gegen die Niederlande an.

Rechtspopulistische Parteien wie die österreichische FPÖ sahen sich durch das Wahlergebnis in ihrem europakritischen Kurs bestätigt. Die etablierten Parteien hätten deutlich an Stimmen verloren, sagte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky. AfD-Chefin Frauke Petry hätte sich indessen ein besseres Ergebnis für Wilders gewünscht.

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