Nach Hitler-Postings: AfD-Politikerin Roon zieht sich zurück
Bayerische Rechtspolitikerin zieht sich als Kreisvorsitzende und Direktkandidatin zur Bundestagswahl zurück
Elena Roon galt als junge Hoffnungsträgerin der bayerischen AfD: Kreisvorsitzende der Rechtspartei in Nürnberg-Süd/Schwabach, Direktkandidatur für den Bundestag – gute Chancen auf eine steile Parteikarriere. Doch daraus dürfte zumindest vorerst nichts mehr werden. Die AfD-Politikerin verzichtet nicht nur auf eine Kandidatur sondern auch auf den Kreisvorsitz, wie es seit Donnerstag heißt.
Damit zieht Roon nun offenbar selbst Konsequenzen aus mehreren umstrittene Postings, die sie bereits im Sommer vergangenen Jahres in einer parteiinternen Chatgruppe abgesetzt hatte. Darin zu sehen: Mehrere Hitler-Bilder, die zum Teil sehr eindeutige Aussagen enthielten. So stand auf einem der Motive die Forderung: »Vermisst seit 1945 – Adolf bitte melde Dich! Deutschland braucht Dich!« In einer Montage ist der Diktator zu sehen, in der ihm mit Bezug auf den Holocaust die Worte »Islamisten….die habe ich vergessen« in den Mund gelegt werden.
Roon bestreitet nicht, die Bilder verschickt zu haben, behauptet aber, die Postings seien völlig aus dem Zusammenhang gerissen. Sie habe die Bilder lediglich verschickt, um bei einem damaligen Parteifreund zu fragen, wie sie diese zu verstehen habe. Später seien die Bilder von parteiinternen Gegnern bewusst falsch interpretiert und verwendet worden, um ihr zu schaden.
Doch die Affäre war da schon längst ins Rollen gekommen: Der bayerische Landesverband setzte einen Untersuchungsausschuss ein, um die Vorwürfe gegen die fränkische Funktionärin zu prüfen. Das in dieser Woche verkündete Ergebnis überrascht allerdings:
»In den vergangenen Monaten wurden gegen die AfD Kreisvorsitzende des KV Nürnberg-Süd/Schwabach, Frau Elena Roon, teils schwere Vorwürfe erhoben. Ein durch den Landesvorstand zur Untersuchung der Vorwürfe eingesetzter Ausschuss kommt nun zum Ergebnis, dass Frau Roon vollständig entlastet werden kann.«
Nähere Details nennt der AfD-Landesverband in seiner Stellungnahme nicht, sondern erklärt lediglich, Roon wünsche sich weder Hitler zurück, noch sympathisiere sie mit der Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck. Letztere Frage war aufgekommen, da Roon in der Vergangenheit nicht nur durch Postings von Hitler-Motiven auf sich aufmerksam machte. In einem russischen sozialen Netzwerk verbreitete die AfD-Poltikerin ein Video Haverbecks, in dem diese Russlanddeutsche dazu aufruft, nach der Machtübernahme »dieses System grundsätzlich zu ändern«. Wie der Merkur herausfand, pflegte Roon in dem gleichen russischen Netzwerk offenbar auch Kontakt zum »Arminius-Bund des deutschen Volkes«. Die rechtsradikale Kleinstpartei trat unter anderem bei den Landtagswahlen in Baden-Württemberg an. Nachdem der Merkur allerdings um eine Stellungnahme gebeten hatte, verschwand die Verknüpfung von Roons Profil.
Widersprüchlich sind auch die Umstände von Roons Ausscheiden aus der fremdenfeindlichen Nürnberger Bürgerinitiative (BI) »Sichere Heimat«. Die Gruppierung protestierte seit Anfang 2016 gegen die Asylpolitik der Bundesregierung, die sie als zu liberal bezeichnete. Die AfD-Politikerin behauptet, sie habe sich von »Sichere Heimat« losgesagt, nach dem sich bei den Protesten auch Rechtsradikale eingeklinkt hätten. Aus den Reihen der Gruppe stellt sich die Angelegenheit jedoch anders dar: Roon sei es gewesen, die durch Kontakte in rechtsradikale Kreise, etwas zur Partei »Die Rechte«, die Initiative in Verruf gebracht habe. Deshalb sei sie bereits im Mai 2016 ausgeschlossen worden.
Pikant ist der Umstand, dass Roon zurücktrat, obwohl laut Untersuchungsausschuss offiziell keinerlei Grund dafür bestand. Der Leiter der Kommission, das Bundesvorstandsmitglied Dirk Driesang, betonte in einer Stellungnahme sogar: »Wieder einmal hat sich gezeigt, dass man ‚auch die andere Seite hören‘ und ganz genau hinschauen muss, bevor man sein Urteil fällt.« Driesangs Wortwahl ist interessant, fiel er doch zuletzt im Zusammenhang mit anderen schwierigen Personalien weniger durch diplomatische Töne auf. Im Fall von Björn Höcke war er einer der wenigen Funktionäre, die dem Thüringer AfD-Landeschef nach dessen Dresdner Rede öffentlich zum Rückzug aus der Rechtspartei aufforderten. Mit Roon geht Driesang offensichtlich deutlich zurückhaltender um.
Die Initiative »Endstation Rechts Bayern« vermutet auf ihrer Website, letztlich ginge es in der Affäre, wie so oft, um einen parteiinternen Machtkampf. Demnach würde derzeit zwischen Teilen des Landesvorstands und dem Kreisvorsitzenden der AfD Nürnberg, Martin Sichert, ein heftiger Streit ausgetragen. Letzterer wird zu den Höcke-Unterstützern erzählt, die besonders in Nordbayern um die Vorherrschaft in der Partei kämpfen. Explosiv wurde es, nachdem vergangenes Jahr auch auf Druck des Landesvorstands der Nürnberger Kreisverband aufgespalten wurde. Offiziell hieß es, die neue Aufteilung entspreche schlicht den Bundestagswahlkreisen, was laut »Endstation Rechts« in anderen Parteien allerdings keine übliche Praxis sei. Und wer übernahm die Führung im neuen Kreisverband? Elena Roon.
Die hat nicht nur ihre Parteikarriere vorerst gestoppt, sondern ist jetzt sogar ihren Job los. Das Logistikunternehmen, für das Roon tätig war, teilte mit, dass Arbeitsverhältnis sei einvernehmlich aufgelöst worden.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.