Ukrainische Nationalisten vor dem Kreuzzug
Mit einem gemeinsamen Manifest für Atomwaffen und den Abbruch diplomatischer Beziehungen mit Russland
Schon lange wurde in der Ukraine über eine bevorstehende Vereinigung der Nationalisten gesprochen. Der gemeinsame Marsch, der am 22. Februar auf dem Maidan in Kiew von der rechten Swoboda-Partei, dem Nationalkorps Asow und dem Rechten Sektor durchgeführt wurde, sollte als erster Schritt für den zukünftigen Zusammenschluss dienen. Seit der vergangenen Woche meinen es Swoboda, Asow und Rechter Sektor tatsächlich ernst: Am 16. März unterschrieben die Parteien das gemeinsame »Nationale Manifest«, das die Zusammenarbeit der rechten Kräfte ordnen soll.
»Wir werden unsere Ziele zukünftig vereint erreichen«, kündigte Oleh Tjahnybok, Anführer der Swoboda-Partei, während einer gemeinsamen Pressekonferenz an. Die Ziele, über die Tjahnybok spricht, sind im Manifest enthalten. Konkret geht es um 20 Punkte. Zu denen gehören die Rückkehr der Ukraine als Atomwaffenmacht, der Abbruch der diplomatischen Beziehungen mit Russland sowie die Genehmigung des Waffenbesitzes für ukrainische Staatsbürger. Außerdem wollen die Rechten ihre eigene Prozedur der Amtsenthebung für den Präsidenten sowie der Entlassung von Abgeordneten politisch durchsetzen.
Laut dem Chef des Nationalkorps Andrij Bilezkij ist das Manifest noch nicht das Programm einer gemeinsamen Partei. »Vielmehr ist das ein Dokument, mit dem wir unseren Kreuzzug gegen die heutigen Machthaber beginnen«, betonte der Asow-Chef. Er stellte zuletzt dem ukrainischen Parlament ein Ultimatum: Werden die diplomatischen Beziehungen mit Russland nicht abgebrochen, wird das derzeitige Parlament verjagt. Interessant ist, dass die Rechten ihr Manifest bereits am 9. März, dem Geburtstag des berühmten ukrainischen Dichters Taras Schewtschenko, im Kiewer Schewtschenko-Park unterschreiben wollten. Damals fand die Veranstaltung allerdings nicht statt - für die Absage sollen Sicherheitsgründe ausschlaggebend gewesen sein.
Nun haben sich die nationalistischen Kräfte aber tatsächlich vereint, selbst wenn es offiziell noch nicht um eine gemeinsame Partei geht. »Es ist einfach der Versuch der Rechten, politisch wieder eine größere Rolle zu spielen - bereits mit Blick auf die Parlamentswahlen«, glaubt der ukrainische Politologe Wadym Karassjow. Planmäßig sollen die Abgeordneten der Werchowna Rada das nächste Mal im Herbst 2019 gewählt werden. Weil die Regierungskoalition mittlerweile faktisch gar nicht mehr existiert, steigt die Wahrscheinlichkeit vorgezogener Wahlen. Allein kann mittlerweile keine der rechten Parteien ins Parlament einziehen, gemeinsam ginge das aber schon. »Mittlerweile weiß niemand - Präsident Poroschenko eingeschlossen -, wann die Wahlen stattfinden. Daher ist es an der Zeit, sich zu vereinen. Denn die Rechten wissen ja, dass sie vereinzelt kein bedeutendes Ergebnis einfahren können«, meint Karassjow.
Auf ideologischem Gebiet passt es zwischen Swoboda, dem Nationalkorps und dem Rechten Sektor bestens. Alle Parteien stehen für eine nationalistische pro-ukrainische Politik. Schwieriger wird es allerdings in der Geldfrage, da die drei Vereinigungen über unterschiedliche Geldquellen verfügen. »Das ist genau der Punkt, an dem es letztlich scheitern kann«, betont der Kiewer Politikexperte Kost Bondarenko. »Grob gesagt ist es so, dass die Parteien verschiedene Geldgeber haben, die ihrerseits eigene Interessen haben. Wenn man sich die ukrainische Geschichte anschaut, dann merkt man auch, dass solche Vereinigungen zwischen Nationalisten alles andere als lange gehalten haben.«
Ist die neue Vereinigung der Nationalisten aber eine Gefahr für den Präsidenten Poroschenko, den alle drei Kräfte gleichermaßen scharf kritisieren? Zum einen machen die aktuellen Umfragen wieder einmal deutlich, dass die rechten Parteien nicht den Zuspruch der Bevölkerung haben. Zum anderen zeigt aber der überraschende Erfolg der Donbass-Blockade, die allerdings nicht von allen rechten Parteien aktiv unterstützt wurde, wie viel eine kleine Zahl von bewaffneten Leuten mit militärischer Vorbereitung erreichen kann. Deshalb ist es auch keine Überraschung, dass die kommende Allianz der Rechten im Präsidialamt in der Bankowaja-Straße eher mit wachsender Unruhe wahrgenommen wird.
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