Aus Hass auf andere Religionen

Jahrelange Jugendstrafen nach Anschlag auf Essener Sikh-Tempel

  • Lesedauer: 3 Min.

Essen. Monatelang haben sich die drei jungen Muslime nach Überzeugung der Richter radikalisiert. Ihr Hass auf andere Religionen wurde größer und größer. Dann verübten die damals 16-Jährigen am 16. April 2016 laut Urteil einen Bombenanschlag am Tempel der Sikh-Religion in Essen. Das Landgericht hat die Täter aus Essen, Gelsenkirchen und Schermbeck am Dienstag zu langjährigen Jugendstrafen verurteilt. Am Motiv hatten die Richter keinen Zweifel: »Religiöser Fanatismus«. Der Prozess fand wegen des Alters der Angeklagten unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Die heute 17-Jährigen hatten nach Überzeugung der Richter vor der Tat »intensiven Kontakt in die salafistische Szene« aufgebaut. So beteiligten sie sich an Koran-Verteilaktionen in Fußgängerzonen. Vor knapp einem Jahr brachte »Hass auf andere Religionen« sie schließlich dazu, den Bombenanschlag zu verüben. Drei Menschen wurden verletzt.

Für das Gericht steht fest: Die Jugendlichen aus Essen und Gelsenkirchen haben im Internet alle Zutaten bestellt, um Sprengstoff herstellen zu können. Am 16. April 2016 füllten sie ihn in einen leeren Feuerlöscher, legten die Bombe vor eine Tür des Tempels und ließen sie per Fernzündung explodieren. »Die Explosion ist ziemlich verheerend gewesen«, sagt Gerichtssprecher Johannes Hidding. Zwei Gemeindemitglieder wurden leicht verletzt, der Priester erlitt einen offenen Bruch am Fuß. Er sei nach wie vor schwer traumatisiert und habe seinen Beruf aufgeben müssen, sagt dessen Anwalt Jan Czopka.

Der Angeklagte aus Gelsenkirchen erhielt sieben Jahre Jugendstrafe. Er hatte die Bombe nach Überzeugung der Richter vor der Tür platziert. Der Essener bekam sechs Jahre und neun Monate. Das Gericht wertet die Tat als versuchten Mord und gefährliche Körperverletzung. Der Schermbecker wurde wegen Verabredung zum Mord zu sechs Jahren Jugendstrafe verurteilt. Er soll an Planung und Vorbereitung beteiligt gewesen sein. »Die Angeklagten haben sich selbst verstanden als gläubige Muslime und in ihrer Vorstellungswelt die Vorstellung gebildet, dass sie jetzt nun Ungläubige angreifen und möglicherweise sogar töten müssen«, sagt Hidding. Einen direkten Kontakt zur Terrormiliz »Islamischer Staat« konnte das Gericht nicht entdecken. Die Angeklagten hätten aber durchaus Kontakt zu einem Syrien-Rückkehrer gehabt.

Geständnisse im engeren Sinne haben die Angeklagten nicht abgelegt, sagt der Gerichtssprecher. Die Jugendlichen aus Gelsenkirchen und Essen hätten eingeräumt, die Bombe platziert zu haben. Sie hätten aber angegeben, niemanden töten, sondern nur »erschrecken« zu wollen. Derjenige, der die Bombe vor die Tür gelegt hatte, will Revision gegen das Urteil einlegen, kündigt seine Anwältin Lena Plato an. Die Strafe für ihren Mandanten nannte sie »extrem hoch« für einen 17-Jährigen. »Es ist kontraproduktiv, einen Jugendlichen länger als fünf Jahre wegzusperren.« dpa/nd

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